\62 historische Grundlagen.
seine schamwürdigen vergehen laut zu bekennen, unterdrückte er
und empfing mit ganzer Seelenhingebung den Leib des sperrn.
Glückselig bist Du, Kaiser Heinrich, der Du solche Hüter, solche
Vermittler Dir erworben, der Du nun vielfältig aus Gottes Hand
wiederempfängst, was Du in die Hände der Armen heimlich gelegt
hast. Ein Reich der Unruhe vertauschtest Du mit dem des Friedens,
das endliche mit dem ewigen, das irdische mit dem himmlischen.
)etzt erst herrschest Du, jetzt trägst Du ein Diadem, das Dein Erbe
Dir nicht entreißen, Dein Widersacher nicht neiden soll. Nun sollen
sich die Tränen stillen, wenn sie gestillt toerden könnten; denn Deiner
Glückseligkeit gebührt Freude und keine Trauer, )ubel und keine
Klage, die Stimmen der Frohlockenden nicht die der Betrübten.
Vita Heinrici IV., 50 u. ff.
Sein frühzeitiger Tod — er starb im 56. Lebensjahre — erklärt
sich aus der rastlosen Anstrengung seines Geistes und der unablässigen
Aufregung seines Gemütes, gleich einem müdgehetzten wilde ist
er gestorben! Aber auch im Tode sollte er lange Zeit keine Ruhe
finden. Dem dreifach Gebannten mißgönnte die Kirche das christ¬
liche Begräbnis; . . . Bischof (Dtbert hatte d i e Kaiserleiche
im Lütticher Dome bestattet, mußte sich aber noch dazu verstehen
sie wieder auszugraben; in einer uneingeweihten Kapelle am Ufer
der ZU aas in der Nähe von Lüttich ist sie dann beigesetzt worden.
Nur ein unbekannter Mönch, der eben aus Jerusalem heimkehrte, blieb,
solange er in Lüttich war, Tag und Nacht beim 5arge und sang unablässig Psalmen
für die Seele des Kaisers. " Floto II, ^9.
Doch der König beschloß den letzten willen seines Vaters zu ehren . . .
lUanitius 606.
Sobald (er) die Leiche des Vaters in seiner Gewalt hatte,
ließ er sie in einem steinernen Sarge nach Speyer führen; Erkenbold,
der treue Kämmerer des verstorbenen, übernahm das Geleit. Als
der Trauerzug am 3. September nach Speyer kam, zogen ihm die
Geistlichen und das Volk in feierlicher Prozession entgegen. Mit
großen Feierlichkeiten brachte man die Leiche in den Dom und be¬
stattete sie neben den Gräbern des Vaters und Großvaters.
(Siesebrecht III, 764.
Doch auch hier versagte die Kirche dem toten Kaiser die Ruhe,
wieder wurde die Leiche in eine ungeweihte Kapelle gebracht (nämlich
in die Kapelle St. Afra) und hat daselbst beinahe fünf )ahre gestanden,
doch das Volk besuchte gern die Stelle, wohin der Haß des Papstes
und des Bischofs (von Speyer) den toten Kaiser verbannt hatte.
Erst nachdem Heinrich V. siegreich mit dem Papste gerungen und
der kaiserlichen Krone teilhaftig geworden war, ist der Bann von