Rückblick.
Rückblick.
Das höchste Ideal (Dttos war kein anderes, als das einst der 87
Seele Karls des Großen vorschwebte: die römisch-germa-
nische Welt, wie sie in einer Kirche verbunden, so auch durch
einen staatlichen Verband zusammenzuschließen, innerhalb des¬
selben durch christliche (Ordnungen einen dauernden Frieden her¬
zustellen und mit den gesammelten Kräften der abendländischen
Christenheit das Heidentum niederzuwerfen und sich dienstbar zu
machen. ... (Hs gelang Karl alle lokale Gewalten in dem von ihm
beherrschten Gebiete zu vernichten; ... die Königsboten und Her¬
zoge, Markgrafen und Grafen waren nur Vollstrecker seines willens
und lediglich Beamte des Reiches; . . . Die Bischöfe und Abte waren
in gleicher weise Beamte einer Kirche, in der dem großen Kaiser
niemand die Herrschaft zu bestreiten wagte. . . . Don seinen alten
Stammsitzen im Mittelpunkt seiner Hauptländer beherrschte der
Kaiser die ihm unterworfene Welt durch geschriebene Gesetze, die
mehr als ein toter Buchstabe waren.
Seitdem hatte sich die Lage der Dinge völlig verändert. . . .
Abgesonderte, auf nationaler Grundlage ruhende, aber noch wenig
befestigte Staaten hatten sich aus dem großen Ganzen herausge¬
bildet. Die weltliche Aristokratie hatte sich gegen das König¬
tum erhoben, sich mit allen provinziellen und lokalen Interessen
verbunden und war dadurch mächtiger geworden als je zuvor; die
Geistlichkeit mit ihren hochfliegenden, weltstürmenden Ge¬
danken hatte zugleich Kaiser- und Königtum weit zu überflügeln
gesucht. Die Freiheit des niederen Mannes war herab¬
gedrückt, in den meisten Ländern fast vernichtet; mit ihrem Verfall
hatte sich das Untertanenverhältnis des Volkes zum Königtum ge¬
lockert und nur der Lehensverband schien noch die Reiche im Innern
zusammenzuhalten, war aber bei der an vielen Orten schon durch¬
gesetzten Erblichkeit der Lehen mehr für den Lehensherrn eine
hemmende Fessel als für den Vasallen. Nicht mit dem Buchstaben
des Gesetzes ließen sich die Staaten jetzt regieren, sondern allein
durch Entfaltung ungewöhnlicher Machtmittel, durch persönliche
Energie, oft nur durch Gewalt. . . .
So blieb ©tto keine andere Wahl als auch seinen Staat we¬
sentlich auf den Lehensverband zu gründen und in diesen
sogar die Geistlichkeit mehr als vordem hineinzuziehen, um in der
geistlichen Aristokratie ein Gegengewicht gegen die weltliche zu
gewinnen. . . . Indem er die Dienste der Vasallen — nament¬
lich in Bezug auf die Heeresfolge — auf das äußerste anstrengte,
jeden Bruch der Lehenstreue gebührend züchtigte, überall per-