Ritterliche Waffenübungen.
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mit Vorliebe das zähe -E70I3 der Esche. Die Speereisen sind breit und
spitz, in Lanzeltform oder in Form eines Pfeiles mit scharfen Wider¬
haken geschmiedet, auf beiden Seiten geschliffen. Bei Turnieren
wurde die scharfe Spitze für gewöhnlich nicht aufgesteckt. Sobald
der Ritter die Lanze in Gebrauch nahm, so erhielt sie noch einen
prächtigen Schmuck: oben in der Nähe des Speereisens band er
oder ließ er mit Nägeln an den Schaft das mit einem Wappen ver¬
zierte Banner befestigen. „Dem Ritter einen Arme! zu verehren, 105
war eine, in Frankreich wenigstens, ganz allgemeine Sitte. Diesen
Armei zog der Ritter entweder selbst an oder befestigte ihn an seinem
seltne, am Schilde oder an der Lanze1). wenn die schweren Rosse
in gestreckter Karriere aufeinander losstürmten, durchbohrte die
Lanze, wo sie eine ungeschützte Stelle fand, den Körper des Feindes
und die Fahne selbst (oder der Armei) drang in die Wunde ein und
wurde vom Blute des Getroffenen gefärbt. Schultz 11, 2^—28.
Vergegenwärtigen wir uns nun noch einmal die Erscheinung 106
eines höfischen Ritters: Er sitzt auf einem Rosse, das vom Haupte
bis auf die Fesselgelenke von einer bunten, flatternden Seidendecke
umgeben ist; nur die Nüstern und die Augen sind frei; der Reiter selbst
ist mit einem gleichgefärbten, ärmellosen Rocke bekleidet; an Armen
und Beinen kommt der silberglänzende blanke Ringpanzer zum
Vorschein; umgürtet ist das wuchtige Schwert, mit der Linken
preßt er den buntbemalten Schild an die Brust, die Rechte hält die
Lanze, an deren Spitze das bunte Banner flattert. Aber der Helm
ist entschieden unschön; die bedeutenderen Künstler jener Zeit haben
deshalb auch, wo es nur irgend anging, die Ritter mit abgenommenen
Helmen dargestellt. Schultz 11, \05.
Waffenübungen.
„Nun waffnet euch, ihr Ritter, gut waffnet euch, seid hoch- 107
gemut und zieht mit Freuden auf das Feld ! Da liegt der Minne¬
gehrenden Lohn, da soll man Rittersstärke sehen und da der Frauen
Ritterspähen." Grupp 11, 73.
Ein Herr, welcher ein Turnier veranstaltete, ließ dies durch 108
Boten ausrufen oder lud durch Briefe dazu ein. Dabei wurde der
erste Preis (die „aventiure“) namhaft gemacht. Dieser bestand
oft in einem Tier, z. B. einem Bären, einem Falken, einem paar
Windhunden oder in einem Kranz, einem Gürtel und einer Tasche
oder gar — in Küssen mehrerer Damen. Die Hauptsache aber war
den Rittern stets die mit der Siegerschaft verbundene Ehre. Außer¬
dem wurden Bedingungen festgesetzt, mit welchem Lösegeld ein
Sch. I, 60$.