3. Die innere Festigung durch Friedrich Wilhelm I. 101
Alle Unordnung, Tagedieberei und liederliches Wesen waren dem König
ein Greuel. Deshalb verbesserte er die Polizei, besonders in den Städten;
iu Berlin spielte er auch selber den Polizeimeister. Nichts entging seinen
Augen, wenn er durch die Straßen wanderte oder fuhr: er achtete darauf,
ob die Straßen sauber, ob Brunnen und Löschwerkzeuge in Ordnung waren;
jeder wurde scharf gemustert und, falls etwas an ihm mißfiel, verhört oder
vom Könige wohl gar eigenhändig gestraft. Deshalb gingen ihm alle, welche
kein gutes Gewissen hatten, aus dem Wege. Als der König einst einen solchen
Flüchtling fragte: „Warum läufst du davon?" erhielt er die Antwort: „Weil
ich mich vor Ew. Majestät fürchte." Ta rief der König zornig: „Ihr sollt
mich nicht fürchten, lieben sollt ihr mich!" und dabei bleuete er dem Menschen
den Rücken. Aber die Berliner gewöhnten sich an Ordnung und Reinlich¬
keit aus den Straßen, die von Müßiggängern und Bettlern allmählich ge¬
säubert wurden. Taugenichtse wurden aus scharfkantige Esel gesetzt oder in
spanischem Mantel an den Pranger gestellt, Trunkenbolde, leichtsinnige Banke¬
rottmacher, Verschwender und liederliches Gesindel in die Zuchthäuser gesteckt.
Gegen die Verfälschung von Wein, Bier und Tabak wurden strenge Gesetze
erlassen und die Preise für Fleisch, Brot und Bier alljährlich festgesetzt, wo¬
durch besonders der kleine Mann vor Überteuerung geschützt wurde. Aus
demselben Grunde ließ der König auch in wohlseilen Zeiten Getreide in großer
Menge aufkaufen und in Zeiten der Teuerung den ärmeren Leuten zu billigem
Preise wieder austeilen.
Schon 1717 führte Friedrich Wilhelm die allgemeine Schulpflicht
iu Preußen ein, indem er durch ein General-Edikt verordnete, „daß hinkünftig
an denen Orten, wo Schulen seien, die Eltern bei nachdrücklicher Strafe ge¬
halten sein sollen, ihre Kinder gen Zwey Dreyer wöchentliches Schulgeld vou
einem jeden Kinde im Winter täglich und im Sommer, wenn die Eltern die
Kinder bei ihrer Wirtschaft benötigt sein, zum wenigsten ein- oder zweimal
die Woche, damit sie dasjenige, was im Winter erlernt worden, nicht gänz¬
lich vergessen mögen, in die Schule zu schicken". Doch in den meisten Dörfern
gab es weder Lehrer noch Schulhäuser; auch Seminare für Volksschullehrer
waren nicht vorhanden. Aber sehr viele Pfarrer Preußens waren Schüler
Franckes und hatten in dessen Anstalten das Unterrichten gelernt. Sie waren
also befähigt, „die Aufsicht über die Schulmeister in allen das Lehramt und
Leben angehenden Fällen zu führen und die Weise, zu informieren, ihnen
vorzuschreiben". Die Superintendenten und Pröpste wurden angewiesen, „sich
der Präparation tüchtiger Schulmeister anzunehmen", und in Stettin (1735)
sowie im Kloster Bergen bei Magdeburg begann man mit der Einrichtung
eines Seminars. In den königlichen Dörfern stattete der König die neu
zu errichtenden Schulstellen mit Grund und Boden aus; die Gutsherren aber
hatten selten Lust, zu den kirchlichen auch noch Schullasten zu übernehmen.
Als der König 1718 nach Ostpreußen kam, fand er „das Landvolk in einem
höchst deplorablen Zustande in Ansehung alles Wissens und Thuns". Aber
er ließ nicht nach. „Wenn ich baue," so schrieb er, „und verbessere das
Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts." Die Säumigen
und Widerstrebenden zwang er, zur Unterstützung bedürftiger Gemeinden