10 Erster Zeitraum.
überließ er dem Deutschen Orden, der Anspruch aus dies Gebiet hatte, den
westlichen vereinigte er mit der Mark. Auch die übrigen Nachbarfürsten
mußten die Schärfe seines Schwertes oft empfinden. Als. der Dänenkönig
und sein Lehnsmann, der Herzog von Rügen, Stralsund bedrängten, zog
Waldemar dieser Stadt zu Hilse; da vereinigten sich mit dem Dänenkönige
die Könige von Schweden und Norwegen, von Polen und Ungarn, die Herzöge
und Grasen von Mecklenburg, Lauenburg, Holstein, Meißen sowie der Erz¬
bischof von Magdeburg und fielen mit dreifacher Übermacht in die Mark ein.
Waldemar stellte sie in der Schlacht bei Gransee (nordöstlich von Ruppin,
1316). Zwar konnte er den Sieg nicht erringen; aber seine Feinde mußten
ihm einen ehrenvollen Frieden (zu Templiu, 1317) bewilligen, durch welchen
ihm der ungeschmälerte Besitz seines ganzen Gebietes zugesichert wurde. Mitten
in seinen großartigen Plänen raffte ihn der Tod 1319 in dem blühenden
Alter von 28 Jahren dahin. Jetzt lebte nur noch ein männlicher Sproß
ans Albrechts des Bären Geschlecht, ein minderjähriger Vetter Waldemars,
Heinrich von Landsberg. Als auch er im nächsten Jahre starb, war
das Hans Ballenstädt in der Mark erloschen.
Brandenburg war beim Tode Waldemars der größte und mächtigste
Staat Norddeutschlands; denn er umfaßte die Altmark, Mittelmark mit Barnim
und Teltow, die Prignitz, Uckermark, Lebns und Sternberg, die Neumark,
Pommerellen und die Lausitz.
Deutsches Wesen war in diesen Gegenden überall zur Herrschaft gelangt;
am längsten hielt sich noch die wendische Sprache, doch wurden die wendischen
Ortsnamen allmählich deutsch. Die Markgrafen besaßen ihr Land zwar
cils Lehen vom Kaiser, aber sie hatten es ohne Widerspruch stets vererbt; sie
waren in ihrem Lande unumschränkte Kriegsherren und oberste Gerichtsherren,
Stellvertreter des Kaisers, der nie in die Mark kam. Ihre Hoheit übten
sie durch Vögte aus, die in Burgen oder Städten inmitten einer größeren
Landschaft wohnten. Die Einkünfte der Fürsten bestanden in den Erträgen
ihrer Güter, in Grundzins, Gerichtsgesällen und Judenschutzzoll sowie in den
Einnahmen von Wäldern, Bergwerken, Gewässern, Zöllen und dem Münzrecht.
Weil diese Einkünfte aber zur Kriegführung und Hofhaltung selten aus¬
reichten, verkauften die Fürsten oft Gerechtsame und Einkünfte, wodurch sie
zwar auf einmal eine größere Summe erhielten, aber für die Zukunft ihre
Einnahmen schmälerten. In Geldverlegenheiten, z. B. bei großen Kriegs-
Unternehmungen, Gefangennahme eines Fürsten, Ausstattung von Töchtern,
Beschickung des Reichstages, beriefen sie die Stände, d. i. die hohe Geistlich¬
keit, den Adel und die Abgeordneten der Städte, und ließen sich von ihnen
eine sogenannte Bede (von „bitten") bewilligen. Seit 1280 wurde eine
regelmäßige jährliche Steuer erhoben; aber trotzdem litten die Markgrafen
noch oft an Geldmangel. Das Land war unter den Anhaltinern stetig auf¬
geblüht; selbst zu den für das innere Deutschland so verderblichen Zeiten des
Faustrechts herrschte in Brandenburg eiue strenge Rechtspflege. Die Mark¬
grafen schafften die Gottesurteile ab; allmählich fand der Sachsenspiegel, der
um 1220 von einem sächsischen Schöffen verfaßt worden war und das in
Sachsen gebräuchliche Recht enthielt, auch in der Mark Eingang. Die Bauern