1. Die Errichtung des Deutschen Reichs durch Kaiser Wilhelm den Großen. 281
Mittel um, sie zu bessern. Ein solches schien ihm Luxemburg zu bieten.
Dies Land war 1815 dem Könige von Holland als Entschädigung für den
Verlust seiner nassauischen Besitzungen überlassen worden und durch Personal¬
union mit Holland vereinigt. Als sich nun 1830 infolge der französischen
Revolution Belgien von Holland trennte, vereinigte man den wallonischen
Teil Luxemburgs mit Belgien, während der deutsche bei Holland verblieb,
aber seine eigene Verwaltung hatte und zum Teutschen Bunde sowie zum
Zollverein gehörte. Die 3tabt Luxemburg war eine deutsche Bundesfestung,
in ihr lag eine preußische Besatzung, die auch nach der Auflösung des Bundes
nicht abgezogen war. Auf Napoleons Drängen war der König von Holland
bereit, das seit alten Zeiten deutsche Land an Frankreich abzutreten, und
dieses verlangte die Räumung der angeblich Frankreich bedrohenden Festung.
Schon schien der Krieg unvermeidlich zu sein; da gab Preußen, das noch der
Ruhe bedurfte, seine Einwilligung dazu, daß die Luxemburger Frage einer
europäischen Konferenz vorgelegt werde. Nach deren Entscheidung wurde die
Festung Luxemburg von den Preußen geräumt, dann geschleift, das Land
verblieb dem holländischen Herrscherhaus, wurde für neutral erklärt uud
unter ben Schutz der europäischen Großmächte gestellt (1867), doch blieb es
im deutschen Zollverein. Die dadurch gewonnene Friedenszeit benutzte der
Norddeutsche Buud, seine einzelnen Glieder enger miteinander zu verbinden.
Auch die Verbindung mit Süddeutschland würbe baburch noch enger geknüpft,
baß ber Zollverein, beut ber Norddeutsche Buub als einheitliches Gebiet
beitrat, ans festerer Grnnblage mit ben sübbeutschen Staaten wieber geschlossen
würbe, unb im Frühjahr 1868 trat in Berlin bas erste beutsche Zoll¬
parlament zusammen, bas auch siibbeutsche Abgeordnete umfaßte unb somit
ber Vorbote einer noch innigeren Vereinigung bes beutschen Volkes würbe.
E. v. Geißel, ber schon ungebulbig gefragt hatte:
Wann doch, wann erscheint der Meister,
Der, o Deutschland, dich erbaut?
begrüßte 1867 König Wilhelm in Lübeck mit ben Worten:
Und sei's als letzter Wunsch gesprochen,
Daß noch dereinst dein Aug' es sieht,
Wie übers Reich ununterbrochen
Vom Fels zum Meer dein Adler zieht!
Dieser Wunsch sollte schneller in Erfüllung gehen, als wir zu hoffen
wagten: von jetzt an ist bie preußische Geschichte zugleich beutsche
Geschichte.
4. Der deutsch-französische Krieg von 1870 und 1871.*)
Ursache und Ausbruch desselben.
Tie Luxemburger Angelegenheit hatte Napoleon nur eine neue Nieber-
lage gebracht; mit allem Eifer rüstete er jetzt zum Kriege. Nach preußischem
*) Den Lesern, die sich über die Geschichte des preußisch-deutschen Heeres von
lernen Ansängen bis aus die neuste Zeit näher unterrichten wollen, sei folgendes