Full text: [Teil 1 = Kl. 8 u. 7] (Teil 1 = Kl. 8 u. 7)

Der junge Laufkäfer hatte eiu herrliches Leben. Frühmorgens, 
wenn der Tau noch in den Gräsern hing, huschte er schon quer durch 
den grünen Rasen hinüber zu dem alten Weidenbaum, um seinen 
Freund, den Bockkäfer, abzuholen. Dann liefen sie zusammen über die 
weißen Kieswege und freuten sich an der Sonne, und wie des Lauf- 5 
käfers Kleid in ihr glänzte, ebenso schön wie die Tautropfen im Grase. 
Am liebsten sahen sie au dem kleinen Wassertümpel den Wasserkäfern 
zu, wie sie pfeilschnell auf der Fläche hin und her schossen. 
Da kam einmal ein Knabe durch den Garten gelaufen, und als er 
den schillernden Laufkäfer sah, trat er auf ihn, sodaß er zerquetscht 10 
liegen blieb. Er war tot. Als es Abend wurde, warteten die Käser- 
eltern auf ihn — aber er kam nicht nach Hause. Es wurde immer 
dunkler. Die'alte Unke, die als Nachtwächter angestellt war, rief schon 
vom Teiche herüber — aber das Kind kam nicht. Da machten sie sich 
voll Unruhe aus und liefen zu ihrer Nachbarin, der Heuschrecke, hinüber. 15 
Sie glaubten, ihr Kind habe sich beim Spielen mit den kleinen Grillen 
verspätet. Aber niemand wußte etwas. Die Rosenkäser schliefen schon 
fest in ihren weißen Rosenbetten, und auch bei dem Bockkäfer im 
Weidenbaum war alles still und dunkel. In ihrer Angst liefen sie weit 
hinüber ans andere Ende des Gartens, wo der Leuchtkäfer in seinem 20 
Blätterhaus wohnte. Der hatte sein Licht gerade ausgelöscht, um auch 
zu Bett zu gehen; aber die armen Eltern taten ihm von Herzen leid. 
So steckte er sein Lateruchen wieder an und leuchtete ihnen durch den 
Garten. Da sahen sie zwei Totengräber des Weges kommen, die 
erzählten, daß unten am Wassertümpel wieder einmal eiu zertretener 25 
Laufkäfer liege, den müßten sie heute nacht noch begraben. So fanden 
die Eltern endlich ihr armes Kind. Der Leuchtkäfer löschte sein Licht 
aus, um den Schmerz der beiden Eltern nicht zu sehen; denn er hatte 
ein gar weiches Herz. 
Hätte der Knabe das alles gewußt, wie leid würde ihm das getan 30 
haben! Heyck-Jenseu, Was ich meinem Hans erzählte. Stuttgart, Levy u. Müller, o. I., S. 137. 
115. Der erste Maikäser. 
Bon Wilhelm Raabc. 
^I^er große Kastanienbaum in dem kleinen Garten vor dem Burgtor 
ist mit seinen Blüten geschmückt wie ein Christbaum mit seinen 
Weihnachtskerzen. Alles Leben, das den harten Winter hindurch in 35 
den braunen Knospenhülsen der Bäume und Gesträuche geschlummert 
hat, lugt keck und lustig hervor. 
Käser, Mücken und Schmetterlinge huschen durch die Lust und über 
den Boden dahin. Die Frösche hüpfen aus ihren Schlupfwinkeln, 
sonnen sich auf den Wegen und plumpsen bei jedem sich nahenden 40 
Schritte zurück in ihre Verstecke.
	        
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