— 121 —
Die Karolinger.
Ludwig der Fromme. — Der Nachfolger Karls des Großen,
sein schwacher, der Geistlichkeit blind ergebener Sohn Ludwig
der Fromme, war nicht imstande, das von seinem Vater ge¬
gründete Reich weiter fortzubauen; denn es fehlten ihm die
Heldenkraft und der Scharfblick seines großen Vaters. Großes
Verderben verursachte er sich und dem Reiche durch die unglück¬
selige Teilung des Reichs unter seine drei Söhne Lothar, Pippin
und Ludwig den Deutschen. Als Ludwig später eine zweite Ehe
einging und derselben ein Sohn, Karl der Kahle, entsproß, stieß
er die erste Teilung um, um seinem vierten Sohne auch ein Reich
zu geben, wodurch sich die Brüder übervorteilt und zurückgesetzt
glaubten. Infolgedessen griffen dieselben gegen ihren Vater zu
den Waffen. Bei Colmar im Elsaß standen sich die Heere gegen¬
über. Treulos verließ fast das ganze Heer den Kaifer und ging
zu den Söhnen über, so daß der von Kummer gebeugte Kaiser
fast ganz allein im öden Felde, das man seit jener Zeit das
Lügenfeld nannte, stand und sich den Söhnen ergeben mußte.
Der herrschsüchtige Lothar nötigte den alten Vater zu öffentlicher
Kirchenbuße zu Soissons und verwies ihn in ein Kloster. — Über
dies Verfahren war das ganze Volk empört, und die beiden
andern Brüder befreiten ihren Vater und setzten ihn feierlich
wieder in seine Würde ein; er verzieh allen, selbst dem Pflicht-
vergessenen Lothar.
Bald kam Ludwig der Fromme mit einem neuen Teilungs¬
plane, und als er nach Pippins Tode wieder ungerecht teilte, zog
sein Sohn Ludwig, der sich benachteiligt hielt, gegen den Vater
ins Feld. Aber noch bevor es zum Treffen kam, starb der un¬
glückliche Kaiser vor Kummer und Gram auf einer Rheininsel bei
Ingelheim (840).
Ludwigs Söhne. — Kaum hatte Ludwig die Augen geschloffen,
als zwischen den Brüdern ein heftiger Bruderkrieg ausbrach. Nach
mehreren kleineren Gefechten kam es bei Fontanetum (bei Auxerre
m Burgund) zum Kampfe, in dem Lothar von seinen Brüdern
Ludwig und Karl geschlagen wurde. Man einigte sich schließlich,
und im Vertrag zu Verdun (843) wurde das Frankenreich geteilt.
Lothar erhielt die Kaiserwürde mit Italien und einem breiten
Länderstreifen, Lothringen genannt, vom Mittelmeere bis zur
Ostsee, zwischen Rhone, Saone^ Maas und Schelde im Westen
und dem Rhein im Osten, sowie die beiden Hauptstädte des