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verteidigten sich, von einer kleinen Mteilung von Marineiruppen
unterstützt, monatelang nicht nur gegen bie Aufftänbifchen, fortbem
sogar gegen kaiserliche Truppen. Die Großmächte Rußlanb, Eng-
lanb, Frankreich, Deutschlanb, Nordamerika unb Japan fanbten
sofort Verstärkungen nach China. Fast bie gesamte deutsche Flotte
erhielt den Besehl, nach Ostasien in See zu gehen um ben schntach«
zollen Frevel zu führten. Auch wurde aus Freiwilligen, die sich auf
des Kaisers Ruf in überreicher Zahl meldeten, ein Landheer gebildet,
tu größter Eile ausgerüstet und nach China gesandt. Noch bevor
diese Verstärkungen dort eintrafen, hatten die an der chinesischen
5vüste anwesenden fremdländischen Kriegsschiffe nach harten Kämpfen
gemeinsam die an der Peiho-Münbung liegenden Taku-Forts und
die Stadt Tientsin erobert, wobei das deutsche Kriegsschiff „Iltis"
bedeutende Verluste erlitt, aber sich auch mit unvergänglichem Ruhm
bedeckte. Da es bei den Kriegsunternehmungen gegen China an
einheitlicher Leitung fehlte, wurde auf Vorschlag Kaiser Wilhelms
im Einverständnis mit den übrigen Großmächten der deutsche General¬
feldmarschall Gras Waldersee zum Oberfeldherrn der Verbündeten
ernannt. Ehe derselbe jedoch nach dem Kriegsschauplätze abreisen
konnte, waren die Truppen der Verbündeten nach schweren Kämpfen,
bei denen sich namentlich die Deutschen durch ihre Tapferkeit und
Unerschrockenheit auszeichneten, bis Peking vorgedrungen, hatten
die Stadt erobert und die Gesandten befreit. Dennoch verblieb dem
Oberfeldherrn noch eine wichtige Aufgabe, die erlittene Schmach
durch Bestrafung der Übeltäter zu sühnen, in China geordnete Ver¬
hältnisse zu schaffen und Bürgschaften für zukünftige Sicherheit der
Ausländer zu verlangen. Infolge der Uneinigkeit der Verbündeten,
von denen namentlich Rußland in der Mandschurei Sonderinteressen
verfolgte, und des Ränkespiels des chinesischen Staatsmannes Li-
Hung-Tschang dauerte es lange, bis mit dem chinesischen Hofe, der
von Peking nach Singanfu geflüchtet war, eine Einigung zustande
kam, aber endlich wurde dieses Ziel doch erreicht. China versprach,
verschiebene Haupträbelsführer zu bestrafen unb ben Prinzen Tfchun
nach Berlin zu entfenben, um bas Bebauern bes Kaisers von China
über bie Ermorbung bes beutschen Gesanbten auszusprechen. Außer¬
dem verpflichtete es sich, ben verbündeten Mächten eine in 30 Jahren
zu zahlende Kriegsentschädigung von 450 Millionen Taöls (etwa
1400 Millionen M) zu gewähren.
Nachdem China auch noch dafür Bürgschaft geleistet hat, baß
sich Greuel wie bie bes Jahres 1900 nicht roieberholen werben, haben
bie Großmächte bas Gros ihrer Truppen zurückgezogen. Damit ist
der chinesische Krieg beendet. Ob inbeffen bie chinesische Frage