Full text: Die deutschen Einigungskriege (H. 4)

36 Schreiben des Königs Ludwig 11. an König Wilhelm. 
und namentlich nicht von der Volksvertretung zuerst aus¬ 
gehe. Die Stellung würde gefälscht werden, wenn sie ihren 
Ursprung nicht der freien und wohlerwogenen Initiative des 
mächtigsten der dem Bunde beitretenden Fürsten verdankte. 
Ich habe mir erlaubt, dem Grafen Holnstein den Entwurf 
einer etwa an meinen flllergnädigsten König und mit den 
nötigen Änderungen der Fassung an die anderen Verbündeten 
zu richtenden Erklärung auf seinen Wunsch zu übergeben. 
Demselben liegt der Gedanke zugrunde, welcher in der Tat 
die deutschen Stämme erfüllt: der deutsche Kaiser ist ihr 
Landsmann, der König von Preußen ihr Nachbar, und der 
deutsche Titel bekundet, daß die damit verbundenen Rechte 
aus freier Übertragung der deutschen Fürsten und Stämme 
hervorgehen. Daß die großen Fürstenhäuser Deutschlands, das 
preußische eingeschlossen, durch das Vorhandensein eines von 
ihnen gewählten deutschen Kaisers in ihrer hohen europäischen 
Stellung nicht beeinträchtigt wurden, lehrt die Geschichte. 
27. Schreiben -es Königs Ludwig II. von Bayern an 
König Wilhelm. 3. Dezember 1870. 
(ctegiöi und Klauholö, Staatsarchiv. Bö. XX, S. 52.) 
Nach dem Beitritt Süddeutschlands zu dem deutschen Ver¬ 
fassungsbündnis werden die Eurer Majestät übertragenen 
präsidialrechte über alle deutschen Staaten sich erstrecken. Ich 
habe mich zu deren Vereinigung in einer Hand in der Über¬ 
zeugung bereit erklärt, daß dadurch den Gesamtinteressen des 
deutschen Vaterlandes und seiner verbündeten Fürsten ent¬ 
sprochen werde, zugleich aber auch in dem vertrauen, daß 
die dem Bundespräsidium nach der Verfassung zustehenden 
Hechte durch Wiederherstellung eines Deutschen Reichs und 
der deutschen Kaiserwürde als Rechte bezeichnet werden, 
welche Eure Majestät im Hamen des gesamten deutschen 
Vaterlandes auf Grund der Einigung seiner Fürsten aus¬ 
üben. Ich habe mich daher an die deutschen Fürsten mit dem 
Vorschlag gewendet, gemeinschaftlich mit mir bei Eurer 
Majestät in Anregung zu bringen, daß die Ausübung der
	        
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