136 Kirchliche Baukunst und bildende Kunst 
Bildnerei und Malerei weisen eine ähnliche Entwicklung auf wie die 
Baukunst. Während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (zur Zeit der 
Gegenreformation) tritt nach dem Aufschwung auf allen künstlerischen Ge¬ 
bieten zu Beginn dieses Jahrhunderts eine allgemeine Ermattung und Er¬ 
nüchterung ein. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ist das künstlerische 
Leben Deutschlands fast völlig verödet, den Kunstbedarf deckt hauptsächlich 
die Einfuhr aus Italien und den Niederlanden. Im Verlauf des 18. Jahr¬ 
hunderts endlich wacht nach langem Schlaf das künstlerische Bewußtsein 
wieder auf (Andreas Schlüters [1664—1714] Denkmal des Großen Kur¬ 
fürsten und Masken sterbender Krieger am Zeughaus). Nachdem die Mitte 
des 18. Jahrhunderts überschritten war, wandte man sich von dem virtuosen- 
haft-malerischen Stil des Rokoko ab; Rückkehr zur Einfachheit und »schlich¬ 
ten Größe" der Antike, die nunmehr allein als Führerin und Retterin der 
Kunst angesehen wurde, war das Leitmotiv der deutschen Kunst; Winckelmann 
und Anton Raphael Mengs, Lessing und Goethe sind die geistigen Führer der 
neuen klassizistischen Bewegung. Die bürgerlich-schlichte, der Wirklichkeit näher 
stehende Kunst dargestellt durch Anton Grass (1736—1813) und Daniel 
Chodoviecki (1726—1801). Asimus Jakob Carstens (1754—1798), 
Joseph Anton Koch (1768—1839) als Hauptvertreter des Klassizismus. 
2m Gegensatz zum Klassizismus suchte und fand die Romantik in 
der deutschen Vergangenheit ihr künstlerisches Ideal. Die Liebe zur eigenen 
Vergangenheit übertrug sich auf Baukunst und Kunstgewerbe, die alle Skil- 
arten vom Romanischen und Gotischen, Renaissance, Barock und Rokoko 
bis zum Klassizismus und Biedermeier, oft sogar nebeneinander, gleichsam in 
einer kurzen Äbersicht, wiederholten. Dabei konnten Stilgefühl und Technik 
wohl gewinnen, doch das schöpferische Eigenleben mußte verkümmern, wenn 
es nicht gelang, die Baukunst mit den praktischen und künstlerischen Bedürf¬ 
nissen des neuzeitlichen Lebens in Einklang zu bringen. Diese schöpferische 
Tat hat in Deutschland gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts mit 
weitgehendem Erfolg ihren Anfang genommen. Noch stehen wir mitten im 
Kampf um einen neuen deutschen Stil, dessen Sieg sich schon verheißungs¬ 
voll ankündigt. 
Von der romantischen Bewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts 
wurden auch die Maler ergriffen. Viele von ihnen wanderten zwar noch 
immer über die Alpen ins gelobte Land Italien und besonders nach Rom, 
weniger, um die Denkmäler klassischer Kunst nachzuahmen, die dem Studium 
der Archäologen vorbehalten blieben, als vielmehr die christliche Kunst des 
Mittelalters und der Renaissance zu erforschen und an ihr sich zu begeistern. 
Gleichzeitig aber fand man in altgermanischen Sagen und Märchen, in der
	        
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