Full text: Das neue Reich ([Teil 2])

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durch keine Feuersglut und durch keine Vaterlandsliebe einschmelzen und störte 
den Guß, daß aus Deutschland nichts werden konnte. Der König Friedrich 
Wilhelm IV. aber merkte das nicht, er sah bloß, daß so viele deutsche Stämme 
einmütig gegen Frankreich hatten gehen wollen, und dachte, nun wäre eigent¬ 
lich die deutsche Einigkeit schon da. Er dachte an die alten Zeiten, wie die 
Römer frech geworden waren und die Deutschen untergekriegt hatten, weil sie 
jeder seines eigenen Weges gingen, und wie Äermann es da fertig gebracht 
hatte, daß sie einmal zusammenstanden und in der großen Schlacht am Teuto¬ 
burger Walde die römischen Ketten entzwei gebrochen hatten. And so begeisterte 
Friedrich Wilhelm sich mit all den Einigkeitsfreunden, und sie sammelten Geld 
für ein Lermannsdenkmal im Teutoburger Walde. Das ist aber erst unter 
König Wilhelm ausgeführt worden. Oben auf dem Tempel steht Lermann, 
der Befreier, und reckt sein Schwert in die Äöhe, zum Zeichen, daß er mit dem 
Schwert in der Land die Deutschen einig gemacht und die fremden hinaus¬ 
gejagt hätte. Und ebenso stand am Rhein ein altes Baudenkmal aus den 
schönsten Zeiten der alten deutschen Herrlichkeit, aus den Zeiten der Lohen- 
staufen, das war der Kölner Dom. Er war nicht zum vierten Teil fertig, aber 
das, was fertig war,-zeigte schon, daß diese deutsche Kirche, wenn man sie zu 
Ende baute, die schönste und höchste Kirche in der ganzen Welt sein müßte. 
Da meinte der König auch wieder, wenn man im ganzen deutschen Vaterland 
die Gelder zusammenbrächte, daß man den Kölner Dom zu Ende bauen könnte, 
dann wäre das wie ein Zeichen, daß nun das Deutsche Reich gebaut sei und 
wäre das schönste und höchste Reich in der Welt. So kam er wieder mit vielen 
Freunden der deutschen Einigkeit in Köln zusammen und gründete den Dom¬ 
bauverein und feierte ein großes, fröhliches Fest, und es war ihm schon, als 
wäre nun das Deutsche Reich gegründet. Der Kaiser von Österreich aber 
saß mit Metternich in Wien und lachte und dachte: „Feiert ihr nur, vom 
Feiern wird das Deutsche Reich noch nicht fertig, da habe ich ein Wort mit¬ 
zusprechen." Und richtig, das Fest war zu Ende, und sie reisten schließlich alle 
nach Äause, und es blieb beim alten. Auch der Dom wurde erst unter König 
Wilhelm fertig. So ist es dem armen, guten König Friedrich Wilhelm IV. 
in den meisten Dingen gegangen: er fing sie mit Begeisterung an, aber er 
brachte sie nicht fertig. 
Als dann noch ein paar Jahre ins Land gegangen waren, da fing es 
dem König Friedrich Wilhelm IV. wieder an, mit der deutschen Einigkeit zu 
lange zu dauern, und er schickte Botschaft an den Kaiser von Österreich und
	        
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