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drüben in der andern Stube saß eine zweite Gesellschaft, die hatten den Vater
zwischen sich, und er mußte mit ihnen Karten spielen, und damit sie spielen
konnten, mußte er jedem einen Taler borgen, und wenn der alle war, noch einen,
und dazu wollten sie sich halb totlachen, denn sie wollten ihm natürlich das
Geld nie wiedergeben. And so ging das nicht einen Tag, so ging das alle
Tage und Woche für Woche. And als die vornehmsten Bürger endlich zum
General gingen und baten, er möchte sie doch retten vor seinen Soldaten, da
schnauzte er sie an und sagte, seine Soldaten wären so anständige Kerls, die
täten so etwas nicht. And als sie nach ein paar Tagen wiederkamen, sagte
er, wenn er ihnen einen Gefallen tun sollte, dann hätten sie ihm doch erst
einen tun müssen. Das hieß natürlich, sie sollten ihm Geld geben. And als
sie dann fragten, wieviel es denn wohl sein müßte, da hörten sie, es müßten
fünfmal hunderttausend Mark sein. Da sind sie entsetzt gewesen und haben
gebeten und gehandelt, und ein bißchen ist ihnen dann abgelassen, und sie haben
dem General dreihunderttausend Mark schenken müssen. And wie er selbst etwas
haben wollte, so wollten seine andern Generale und die andern Offiziere etwas
haben, und wenn die gemeinen Soldaten den Leuten die Schränke aufgebrochen
und die silbernen Löffel herausgeholt hatten, so machten die Offiziere ihnen
höflich das Portemonnaie auf und holten das Geld heraus, das darin steckte.
And als sechs Wochen ins Land gegangen waren, da war die schöne Stadt
Magdeburg arm geworden.
Solch ein entsetzliches Anglück kann über ein Land kommen, wenn es kein
gutes Äeer hat und bie Feinde es besiegen.
Aber man muß nun nicht benken, baß im ganzen preußischen Lanb keine
einzige Stabt gewesen wäre, bie sich gewehrt hätte. In Schlesien, Westpreußen,
unb Pommern waren einige Festungen, wo tapfere Offiziere kommandierten
unb tapfere Bürger wohnten unb wo bie Fanzofen nicht hineingekommen
sinb. Vor allem bte Festung Kolberg an ber Ostsee in Pommern hat sich
mächtig gewehrt. Da war ein tapferer alter Schiffskapitän, ber hieß Joachim
Nettelbeck. Der sagte zu bem Stabtkommanbanten unb ben anbern Bürgern:
„Kinber, bas gibt's nicht, baß ber Napoleon Kolberg kriegt. Wenn er herein
will, bann muß er erst alles kurz unb klein schießen unb sich auf bte Schutt¬
haufen setzen. Mein Äaus kriegt er nicht unb eures wohl auch nicht." Unb
bann schrieb er an ben König, ber nahm ben alten Stabtkommanbanten weg
unb schickte einen tapferen Mann an seine Stelle, bas war ber Major
Gneisenau, mit bem hat sich Nettelbeck verbünbet. Nettelbeck rebete ben Bürgern.