Full text: Von der germanischen Urzeit bis zur Französischen Revolution (Teil 1)

112 Dietrich Schäfer. 
^ahre mit dem Lübecker Frieden ihn zu einem sechsjährigen 
Waffenstillstand genötigt, der die meisten Eroberungen an Weichsel und 
Duna m Schwedens Händen ließ. Indem Gustav Adolf mit Polen 
|mtt, kämpfte er zugleich gegen den Katholizismus; denn die Durch¬ 
führung der Ansprüche Sigismunds hätte für Schweden die Gegen¬ 
reformation bedeutet, und hinter der polnischen Macht stand die Ferdi¬ 
nands und des Hauses Habsburg. Sein eigenes und seines Landes 
Interesse flössen mit dem des Protestantismus zusammen 
Mt dem weiten Blick, der schon die frühesten politischen Kund¬ 
gebungen des Königs auszeichnete und der, weit über die Grenzen 
des Nordens hinaus, nicht nur die deutschen, sondern die gesamten eu¬ 
ropäischen Verhältnisse überschaute, hatte er alsbald die Bedeutung er¬ 
kannt, die der Ausgang der böhmischen Unruhen für die Machtstellung 
der Konfessionen haben mußte. Von ihrem Beginn an war er nicht müde 
£e^brt>en, durch alle Stadien des um sich greifenden Kampfes zur 
Hilfeleistung und zur Gegenwehr zu ermahnen. 
Dabei konnte und wollte er aber seine schwedischen Kräfte nicht 
einsetzen. Er konnte nicht, weil er wußte, daß er bei jedem Versuche 
in Deutschland einzugreifen, Christian IV. als Gegner im Rücken haben 
wurde. Von einer protestantischen Interessengemeinschaft zwischen 
Dänemark und Schweden ist nie auch nur die Spur vorhanden ge¬ 
wesen, noch unendlich viel weniger als von einer katholischen zwischen 
Frankreich und Spanien. Er wollte in Deutschland nicht vorgehen so¬ 
lange er nicht mit Polen seine Sache ausgefochten hatte, weil er'mit 
den schwachen Kräften seines Landes keinen Krieg führen durste, der 
ihm und seinem Volke nicht einen sicheren Vorteil in Aussicht stellte 
Ms 1624 besonders von England herein allgemeines evangelisches 
Bündnis eifrig betrieben wurde und gleichzeitig Frankreich gegen den 
Kaiser hetzte, stellte er Bedingungen, von denen er wußte, daß sie nie¬ 
mals die Zustimmung des dänischen Königs finden würden, und lehnte 
jede Hilfe ab, als sie nicht erfüllt wurden. Er wollte seine Kräfte nur 
einsetzen und durfte es bei ihrer Geringfügigkeit auch nur, wenn er 
völlig sicher war, daß er unter allen Umständen Herr derselben bleiben 
und sie nie anders als in Schwedens Interesse zu verwenden haben 
würde. Das war unmöglich als Bundesgenosse des selbstbewußten, 
herrischen Christian IV., der auf Schweden immer noch wie auf einen 
Emporkömmling herabsah und das steigende Ansehen des um 17 Jahre 
jüngeren Rivalen mit schlecht verhüllter Eifersucht verfolgte. 
Erst als Christian unterlegen war, gab es Raum für Gustav Adolf. 
Daß er sich kurz vor Abschluß des Lübecker Friedens noch nachdrücklich 
bemühte, den dänischen König zur Fortsetzung des Kampfes zu be- 
weßen, geschah, weil er ihn so am sichersten abhielt, in dem jetzt für 
Schweden unvermeidlich gewordenen Kampfe als sein Feind aufzu¬ 
treten, und weil er wußte, daß Christian in seinem derzeitigen Stande
	        
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