Vom Rittertum. 41
tragen, dann war die Stadt, deren Dunkel durch keine Straßenlaternen
unterbrochen wurde, hell erleuchtet. Unterdes hatte, wer das Turnier
ausgeschrieben, die Aufgabe, die Parteiführer zu bestimmen; wurde er
Führer einer Partei, so trug wenigstens die Schar, mit welcher er ein-
ritt, seinen Schild, und war er nicht der Landesherr selber, so hatte er
vornehme und erprobte Ritter um diese Gunst zu bitten. Es galt für eine
Ehre, viele vornehme Herren unter seinem Schilde in das Turnier zu
führen. Draußen aber auf der staublosen Grasebene wurden weite
Schranken abgesteckt, Zelte und Buden errichtet, und um diese Gerüste
sammelten sich wie Zugvögel Schwärme des fahrenden Volks: Spiel¬
leute, Narren, Gaukler, die rechtlosen Kinder der Landstraße mit ihren
Weibern, sie, die unentbehrlichen Lustigmacher bei jedem Feste des
Mittelalters. Am Morgen des großen Tages hörten die Kämpfenden
zuerst die Messe, .dann wurde die Anmeldung der Namen und Wappen
bewirkt und die Teilung in Scharen. Diese Vorbereitung war in späterer
Zeit ein ernstes Geschäft, die Wappenschau wurde zu einer Prüfung der
ritterlichen Turnierrechte; wem das Turnierrecht beanstandet wurde, der
kam nicht in die Teilung; um 1200 scheint eine Prüfung des Ritterrechts
nicht stattgefunden zu haben— die Prüfung der Wappen besteht aber
bereits unter Rudolf von Habsburg.*) — Die Groier oder Krier (Tur¬
nierrufer) schrien durch die Straßen: „Wappnet euch, gute Ritter, wapp¬
net euch, tragt stolzen Mut und ziehet freudig aufs Feld, erweifet eure
Ritterkraft und dienet schönen Frauen." Die Haufen sammelten sich und
zogen unter den Bannern ihrer Führer aus, die Posauner bliesen eine
Reisenote, in froher Erwartung erhoben sich Rosse und Männer. Vor
den Zugängen der Schranken ordneten sich die Scharen, unter lauter
Kriegsmusik ritten sie ein. Bevor der Tnrney anhob, ritten die Führer
zuweilen erst allein in einer Tjost gegeneinander; in diesem Fall war es
Courtoiste, dem Vorreitenden nur im Einzelkampf entgegenzutreten und
ihn nicht zu drängen oder abzufchueiden. Das Turnier begann, indem die
angreifende Schar einer Partei in starkem Anritt (Prnieiß) mit Samen-
stich aus bte gegenüberstehende traf, welche den Ehok durch Gegenstoß
paneren hatte Taten die Angreifer ihre Pflicht, so drängten sie, nachdem
ihre erste Reihe bte Speere gebrochen, im Ansturm geschlossen burch bie
Schar ber Gegner. Nach betn Durchritt aber mußten sie vor bett Schratt*
kett schwenken ttttb, bie Gegner umreitend, ihre erste Position wieber-
gewtnnen Unb biefe Schwenkung war ber gefährliche Augenblick, wo
„ 9eto)ltenc Schar ber Gegner, wenn sie burch bett Ansturm nicht
Doutg nt Unorbnnng gebracht war, Gelegenheit erhielt, einen Teil ber
Angreifer abzuschnetben ttttb gefangenzunehmen. Hatten bie Angreifer
bett Unmtt vollenbet, so würben sie ihrerseits von betn zweiten Haufen
ber Gegner angerannt, womöglich burchbrocheu, ttttb ihnen blieb über-
) Die Prüfer, untergeordnete Beamte, werden im Turnier von Nantes erwähnt.