Full text: Zur deutschen Geschichte (Teil 1)

— 133 
Den Himmel sah ich säumen 
Ein neues Morgenrot, 
Es scholl aus fernen Räumen 
Der Freiheit Aufgebot; 
Ich sah auf alten Bahnen 
Die neuen Deutschen gehn, 
Die lang entwöhnten Fahnen 
Vom Rheinstrom her mir wehn. 
Da schüttelten die Winde 
Mein altes Haupt im Sturm; 
Vor Schreck entsank der Rinde, 
Der sie genagt, der Wurm; 
Nun werden deutsch die Gauen 
Vom Wasgau bis zur Pfalz, 
Und wieder wird man bauen 
Hier eine Kaiserpfalz. 
Doch als das große Wetter 
Eilfertig ohne Spur, 
Wie Windeshauch durch Blätter, 
Dahier vorüberfuhr — 
Mein Wipfel ist geborsten, 
Es wird nicht mehr der Aar 
In diesen Forsten horsten, 
Der meine Hoffnung war. 
Die Ahnung des Dichters ist nun erfüllt. 
Lebt, Adler, wohl, und Falken! 
Ich fall' in Schmach und Graus 
Und gebe keinen Balken 
Zu einem deutschen Haus; 
Man wird hinab mich schleppen 
Und drunten aus mir nur 
Versehn mit neuen Treppen 
Mairie und Präfektur. 
Doch, jüngre Waldgeschwister, 
Ihr hauchet frischbelaubt 
Teilnehmendes Geflüster 
Um mein erstorbnes Haupt; 
Euch alle sterbend weih' ich 
Zu schön'rer Zukunft ein, 
Und also prophezei' ich, 
Wie fern die Zeit mag sein: 
Einst einer von euch allen, 
Wenn er so altersgrau 
Wird, wie ich falle, fallen, 
Giebt Stoff zu anderm Bau, 
Da wohnen wird und wachen 
Ein Fürst auf deutscher Flur; 
Dann wird mein Holz noch krachen 
Im Bau der Präfektur." 
Jr. Nückert. 
134. Wrinz Eugen vor Wekgrad. 
Prinz Eugen, der edle Ritter, 
Wollt' dem Kaiser wiedrum kriegen 
Stadt und Festung Belgarad; 
Er ließ schlagen einen Brucken, 
Daß man kunnt' hinüber rucken 
Mit d'r Armee wohl für die Stadt. 
Als der Brucken nun war geschlagen, 
Daß man kunnt mit Stuck und Wagen 
Frei passtr'n den Donaufluß; 
Bei Semlin schlug man das Lager, 
Alle Türken zu verjagen, 
Jhn'n zum Spott und zum Verdruß. 
Am einundzwanzigsten August so eben 
Kam ein Spion bei Sturm und Regen, 
Schwur's dem Prinzen und zeigt's ihm an, 
Daß die Türken sutragiren, 
So viel als man kunnt verspüren, 
Und die dreimalhunderttausend Mann. 
Als Prinz Eugenius dies vernommen, 
Ließ er gleich zusammen kommen 
Sein' General und Feldmarschall. 
Er thät sie recht instrugiren, 
Wie man sollt die Truppen führen, 
Und den Feind recht greisen an. 
Bei der Parole thät er befehlen, 
Daß man sollt die Zwölfe zählen 
Bei der Uhr um Mitternacht. 
Da sollt' All's zu Pferd aufsitzen, 
Mit dem Feind zu scharmemützen, 
Was zum Streit nur hätte Kraft.
	        
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