Full text: Zur deutschen Geschichte (Teil 1)

— 158 — 
„Kein Freund, so viel er mir auch wert, 
Kein Doktor heilt die Wunde; 
Was mir an meinem Herzen zehrt, 
Ist Preußens schwache Stunde. 
Wo bist du Friedrichs Gloria? 
Verblaßt an der Misere — 
Wir betteln! ratio ultima — 
Verfederfuchst die Ehre'/' — 
Stößt seinem Schweihfuchs fort zu 
Thal 
Den Blutsporn in die Flanken, 
Als hätt' er Preußen unter'm Stahl 
Mit seinen Ruh-Gedanken. 
Und reitet durch dieselbe Nacht, 
Wo auch in schlimmen Tagen 
Sein großer Ohm sich ausgemacht, 
Sein Hochkirch zu erjagen. 
Aussteigen die Nebel um seinen Ritt, 
Es reiten die bleichen Scharen 
Gar still wie tote Schwadronen mit, 
Herbstwinde die Fanfaren. 
Der wilde Stern durch Wolken jagt, 
Nachflüsternd fallen die Blätter. 
Die Saale rauscht, die Saale klagt, 
Sie träumet schwere Wetter. 
Und als die Morgenwinde naß 
Am Federbusche streifen, 
Die bleichen Nebel fall'n ins Gras, 
Und Roß und Reiter träufen. 
Und tot der Stern und drüber kalt 
Die feuchten Purpur treiben: 
Da macht der Prinz vor Saalfeld Halt 
Und spricht: „Hier muß ich bleiben." 
Still grüßt sein Häuf' von Brück und 
Gaff', 
Still dankt er seinen Fahnen; 
„Wir halten", spricht er, „diesen Paß, 
Will durch Franzos sich bahnen. 
Angreifen nicht, nur wehren sich! 
So lauten die Befehle" — 
Befiehlt er selbst sich innerlich 
Zur Ruhe seiner Seele. 
Derweilen sucht sein Aug' durck's 
Thal: 
„Will kein Franzose kommend" — 
Die Berge glühen, ein Fanal, 
Von ihrer Sonn' erglommen. 
Vortänzelt ihr: „vive I’Empereur" 
Ein Häuflein aus dem Berge, 
Es ist der kleine voltigeur. — 
Er mißt die Handvoll Zwerge, 
Mißt sie an seinem Heereshaus', 
Und seine Pulse treiben, 
Der ganze Mann steht in ihm auf: 
Und davor ruhig bleiben! — 
Ist auch verboten eine Schlacht, 
Ein Sieg ist immer besohlen, 
Schwadronen drauf! 'n Choc gemacht! 
Die müssen wir uns holen. 
Und hei! als ritt der wilde Tod 
Einher auf tausend Rossen, 
Vorschießt der Stern in's Morgenrot, 
Nach seine Reiter schossen. 
Fort über Au' und Brücke fliegt 
Das rasselnde Gewitter, 
Weg spreut das Gras, das Joch sich 
biegt, 
Die Planken stieben in Splitter. 
Und „en avant!" spricht der Franzos, 
Und hinter seinen Bergen 
Vorwächst zu dreißigtausend groß 
Ein Riese aus den Zwergen. 
Legt seine Brust und beide Arm' 
Zermalmend um die Degen, 
Sie all' aus der Umarmung warm 
Ins kühle Grab zu legen. 
Prinz Ludwig aber schaut, als wär' 
Erlösung im Verderben: 
Und sind es nun auch soviel mehr, 
Wir können nichts als sterben. 
Er spricht's und deckt mit seinem Hut 
Den Stern auf seinem Kleide; 
Ein Reiter frei mit seinem Blut 
Zu werben auf grüner Haide.
	        
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