Full text: Von der germanischen Urzeit bis zum Ausgange der Regierung Friedrichs des Großen (Teil 1)

Mittelalter. 7 
und heftiger Wind, und der schlüpfrig gewordene Boden sowie die 
Wurzeln und die umgestürzten Baumstämme gestatteten nur unsichere 
Tritte. In dieser Not fielen die Feinde aus den dichten Wäldern über 
die Römer her. Der Wege besser kundig, umzingelten sie die Römer 
von allen Seiten und beschossen sie mit ihren Pfeilen und Speeren 
anfangs aus der Ferne, dann aber, als die Römer sich nicht zur Wehr 
setzten, rückten sie ihnen dichter auf den Leib. Die Römer, deren Zug 
vielfach durch Wagen und durch Unbewaffnete unterbrochen war, 
konnten sich nicht leicht auf einem Punkte sammeln und litten daher, 
den Angreifenden selbst an Zahl nicht gewachsen, großen Verlust, ohne 
den Feinden etwas anhaben zu können. 
Als sie einen tauglichen Platz fanden, soweit dies in dem Wald¬ 
gebirge möglich war, schlugen sie ein Lager auf, verbrannten die Mehr¬ 
zahl ihrer Wagen und anderes, was sie entbehren konnten, oder ließen 
es zurück und zogen dann am anderen Tage in besserer Ordnung weiter. 
Sie waren zwar so glücklich, bis zu einem lichteren Orte vorzudringen, 
doch geschah auch das nicht ohne Verluste. Als sie von da aufbrachen, 
gerieten sie wieder in dichte Waldungen. Sie wehrten sich zwar gegen 
die Andringenden, gerieten aber auch dadurch in nicht geringe Not. 
Denn wenn sie an engeren Stellen sich zusammentaten, um in ge¬ 
schlossenen Gliedern, Reiterei und Fußvolk, gegen den Feind vorzu¬ 
rücken, wurden sie daran durch ihre eigene Menge sowie durch die 
Bäume gehindert. 
Es war der dritte Tag, daß sie so daherzogen; heftige Regengüsse 
und ein furchtbarer Sturm überfielen sie, so daß sie weder weiter zu 
ziehen noch sichern Fuß zu fassen vermochten. Ja sie konnten sogar nicht 
einmal von ihren Waffen Gebrauch machen, denn Pfeile, Wurfspieße 
und Schilde waren durchnäßt und nicht gut zu gebrauchen. Ihre Feinde, 
die meist leicht bewaffnet waren und deshalb angreifen oder sich zurück¬ 
ziehen konnten, wie sie wollten, hatten von solchen Unfällen weniger 
zu leiden. Überdies waren sie auch an Zahl den Römern weit überlegen, 
denn auch die früher Bedenklichen hatten sich, wenn auch nur, um Beute 
zu machen, jetzt eingefunden. Sie umringten die schwächeren Römer, 
die schon in den vorangegangenen Kämpfen viele Leute verloren hatten, 
um so leichter und machten sie nieder, so daß Varus und die angesehen¬ 
sten Führer, aus Furcht, gefangen zu werden oder durch die Hand 
ihrer verhaßten Feinde zu sterben — denn verwundet waren sie schon 
—, den Entschluß faßten, sich in ihre eigenen Schwerter zu stürzen. 
Sobald dies bekannt wurde, setzte sich keiner, wenn er auch noch Kräfte 
hatte, weiter zur Wehr. Die einen ahmten dem Beispiel ihrer Führer 
nach, die andern warfen die Waffen weg und ließen sich ohne Gegen¬ 
wehr niedermachen. An Flucht war, wenn man auch wollte, nicht zu 
denken. Alle wären umgekommen oder in Gefangenschaft geraten, 
wenn nicht die Feinde nach Beute zu begierig gewesen wären. So
	        
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