Mittelalter. 7
und heftiger Wind, und der schlüpfrig gewordene Boden sowie die
Wurzeln und die umgestürzten Baumstämme gestatteten nur unsichere
Tritte. In dieser Not fielen die Feinde aus den dichten Wäldern über
die Römer her. Der Wege besser kundig, umzingelten sie die Römer
von allen Seiten und beschossen sie mit ihren Pfeilen und Speeren
anfangs aus der Ferne, dann aber, als die Römer sich nicht zur Wehr
setzten, rückten sie ihnen dichter auf den Leib. Die Römer, deren Zug
vielfach durch Wagen und durch Unbewaffnete unterbrochen war,
konnten sich nicht leicht auf einem Punkte sammeln und litten daher,
den Angreifenden selbst an Zahl nicht gewachsen, großen Verlust, ohne
den Feinden etwas anhaben zu können.
Als sie einen tauglichen Platz fanden, soweit dies in dem Wald¬
gebirge möglich war, schlugen sie ein Lager auf, verbrannten die Mehr¬
zahl ihrer Wagen und anderes, was sie entbehren konnten, oder ließen
es zurück und zogen dann am anderen Tage in besserer Ordnung weiter.
Sie waren zwar so glücklich, bis zu einem lichteren Orte vorzudringen,
doch geschah auch das nicht ohne Verluste. Als sie von da aufbrachen,
gerieten sie wieder in dichte Waldungen. Sie wehrten sich zwar gegen
die Andringenden, gerieten aber auch dadurch in nicht geringe Not.
Denn wenn sie an engeren Stellen sich zusammentaten, um in ge¬
schlossenen Gliedern, Reiterei und Fußvolk, gegen den Feind vorzu¬
rücken, wurden sie daran durch ihre eigene Menge sowie durch die
Bäume gehindert.
Es war der dritte Tag, daß sie so daherzogen; heftige Regengüsse
und ein furchtbarer Sturm überfielen sie, so daß sie weder weiter zu
ziehen noch sichern Fuß zu fassen vermochten. Ja sie konnten sogar nicht
einmal von ihren Waffen Gebrauch machen, denn Pfeile, Wurfspieße
und Schilde waren durchnäßt und nicht gut zu gebrauchen. Ihre Feinde,
die meist leicht bewaffnet waren und deshalb angreifen oder sich zurück¬
ziehen konnten, wie sie wollten, hatten von solchen Unfällen weniger
zu leiden. Überdies waren sie auch an Zahl den Römern weit überlegen,
denn auch die früher Bedenklichen hatten sich, wenn auch nur, um Beute
zu machen, jetzt eingefunden. Sie umringten die schwächeren Römer,
die schon in den vorangegangenen Kämpfen viele Leute verloren hatten,
um so leichter und machten sie nieder, so daß Varus und die angesehen¬
sten Führer, aus Furcht, gefangen zu werden oder durch die Hand
ihrer verhaßten Feinde zu sterben — denn verwundet waren sie schon
—, den Entschluß faßten, sich in ihre eigenen Schwerter zu stürzen.
Sobald dies bekannt wurde, setzte sich keiner, wenn er auch noch Kräfte
hatte, weiter zur Wehr. Die einen ahmten dem Beispiel ihrer Führer
nach, die andern warfen die Waffen weg und ließen sich ohne Gegen¬
wehr niedermachen. An Flucht war, wenn man auch wollte, nicht zu
denken. Alle wären umgekommen oder in Gefangenschaft geraten,
wenn nicht die Feinde nach Beute zu begierig gewesen wären. So