228 Die Zeit des Absolutismus.
Nun kam der Feldjäger auf einem Bauernpferde mit der großen
Hetzpeitsche, ein Bauer als Begleiter mit ihm. Der Feldjäger, glühend
von der Hitze, stieg ab, sagte, der König werde in fünf Minuten hier
sein, besah die Vorspannpferde und die Kerle mit den Wassereimern,
die die Räder begießen sollten, stürzte ein ganzes Quart Bier hinunter,'
und da unterdessen sein Sattel auf ein anderes Bauernpferd gelegt war,
stieg er auf, und im Galopp gings weiter. Der König sollte also nicht in
Dolgelin bleiben. Bald kam der Page, ebenso beritten, ein Jüngling
von siebzehn bis achtzehn Jahren, ganz erschöpft an. Er mußte vom
Pferde heruntergehoben und nachher wieder auf das frische hinauf¬
geholfen werden, weil er seiner kaum mehr mächtig war, und dicht hinter
ihm kam der König. Er saß allein in seiner altmodischen Fensterkutsche,
einem sogenannten Visavis (ein schmaler Wagen, in dem im Hintersitz
nur eme Person und auf dem Rücksitz auch eine Person Platz Habens.
Diese Kutsche war sehr lang wie alle damaligen alten Wagen, zwischen
dem Kutscherbock und dem Wagenkasten wenigstens vier'Fuß Raum,
der Kasten selbst birnenförmig, unten spitz und oben ausgebaucht. Der
Wagen hielt, und der König sagte zu seinem Kutscher, dem berühmten
Pfund: Ist das Dolgelin? Ja, Ihre Majestät! — Hier will ich bleiben.
Nein, sprach Pfund, die Sonne ist noch nicht unter. Wir kommen noch
recht gut nach Müncheberg, und dann sind wir morgen viel früher
in Potsdam. — Na! — wenn es fein muß! Und damit wurde ange¬
spannt. Die Bauern, die von weitem ganz still mit ehrerbietig gezogenen
Hüten standen, kamen sachte näher und schauten den König begierig an.
Eine alte Semmelfrau aus Lebbenichen nahm mich auf den Arm und
hob mich gerade am Wagenfenster in die Höhe. Ich war nun höchstens
eine Elle weit vom König entfernt, und es war mir, als ob ich den lieben
Gott ansähe. Er sah ganz gerade vor sich hin durch das Vorderfenster.
Er hatte einen ganz alten dreieckigen Montierungshut auf, dessen hintere
gerade Krempe hatte er vom gesetzt und die Schnüre losgemacht, so
daß diese Krempe vorn herunterhing und ihn vor der Sonne schützte.
Die Hutschnüre waren losgerissen und tanzten auf der heruntergeladenen
Krempe umher, die weiße Generalsfeder im Hute war zerrissen und
schmutzig; die einfache blaue Montierung mit roten Aufschlägen, Kragen
und goldenem Achselband alt und bestaubt, die gelbe Weste' voll Tabak:
— dazu hatte er schwarze Samthosen an. Ich dachte immer, er würde
mich anretten. Ich fürchtete mich gar nicht, hatte aber ein unbeschreib¬
liches Gefühl von Ehrfurcht. Er tat es aber nicht, sondern sah immer
gerade aus. Die alte Frau konnte mich nicht lange hoch halten und setzte
mich immer wieder herunter. Da sah der König den Prediger, winkte
ihn heran und fragte, wessen Kind das sei. Des Herrn von Marwitz in
Friedersdorf. — Ist das der General? Nein, der Kammerherr. — Der
König schwieg, denn er konnte die Kammerherren; nicht leiden, die er
wie Müßiggänger betrachtete. Die Umspannung war geschehen, fort