Die Zeit des Absolutismus. 229
ging es. Die Bauern sprachen den ganzen Tag vom König, wie er dies
und jenes in Ordnung bringen und allen denen den Kopf waschen würde,
die ihnen unangenehm waren. Es zeigte sich später, daß alle Prediger
die Gewohnheit hatten, dem Kutscher Pfund zehn Taler zu schenken,
wenn der König bei ihnen übernachtete; auch der Vorfahr in Dolgelin
hatte es getan, der neue Prediger aber, der davon nichts wußte, hatte
ihm im vorigen Jahre nichts gegeben, — weswegen der Kerl denn schon
den ganzen Tag so vorwärts getrieben hatte, daß er noch vor Sonnen¬
untergang Dolgelin passierte und sich zehn Taler in Müncheberg vom
Bürgermeister Kramer erwarb.
Das zweite Mal sah ich den König in Berlin während des Karne¬
vals 1785. Ich ging mit meinem Hofmeister zu meiner Cousine, die
Hofdame bei der Prinzessin Heinrich war, also in das Prinz Heinrichsche
Palais, die jetzige Universität, wo sie im dritten Stock nach dem Garten
hinaus wohnte. Als wir die große Treppe hinaufstiegen, kam ein kleiner,
alter Mann mit starren Augen bei uns vorbeigerannt und sprang in
Bogensätzen die Treppe herab. Mein Hofmeister rief ganz verwundert:
Das war der Prinz Heinrich! Wir traten nun ins Fenster des ersten
Stockwerks und schauten aus, was den Prinzen zu solchen Bogenjatzen
bewegen könne, und siehe, da kam der König gefahren, um ihn zu be¬
suchen.
Friedrich der Zweite fuhr in Potsdam niemals, außer, wenn er
verreiste, sondern ritt beständig. Er schien jenes für eine Schmach und
eines Soldaten unwürdig zu halten; denn wie er den letzten Herbst
seines Lebens (eben 1785) so krank in dem luftigen Sanssouci war (wo
feine Ösen, sondern nur Kantine sind), daß er das Schloß in Potsdam
beziehen sollte, so konnte er sich nicht entschließen, hineinzufahren, sondern
hoffte von einem Tage zum andern auf so viel Besserung, daß er hinein¬
reiten könnte. Da diese aber nicht erfolgte und es immer kälter wurde,
so entschloß er sich endlich, sich bei Nacht und Nebel, damit niemand es
merken sollte, hineintragen zu lassen. — Auch während der Revue in
Berlin oder Charlottenburg ritt er beständig, aber während des Karne¬
vals in Berlin, wo er sich vier Wochen aushielt, fuhr er und zwar immer
im königlichen Pomp.
Voran gingen acht Läufer mit Stäben, Federmützen und Läufer-
fchürzen in zwei Gliedern. Da diese aber sonst gar nicht gebraucht wurden,
so war es ein Versorgungsposten für Invaliden aus der Garde. Daraus
folgte, daß der König auch immer im langsamen Schritt fahren mußte.
Seine Wege waren aber keine andern, als vom Schlosse in die Oper-
wöchentlich zweimal und während des ganzen Aufenthaltes ein- oder
zweimal zum Prinzen Heinrich und zu der Prinzessin Amalie, seiner
Schwester. Dann ruhten die Läufer wieder ein Jahr lang. Hinter
ihnen kam dann der achtspännige Wagen mit acht Fenstern rund herum,
die Pferde mit altmodischen Geschirren und Federbüschen auf den