Full text: Kommentar zu Serie II der Kulturgeschichtlichen Bilder (H. 2)

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Muskatblüte, Safran, Pfeffer, Ingwer, Nelken, Zucker), an Alaun, Weihrauch, 
Südfrüchten, daneben auch an Seefischen, füßen Weinen und Delikatessen 
mannigfachster Art, den ganzen Raum des Erdgeschosses in seinem Hause 
füllen. Gern benützt er als Berkanfsstätte auch den nach 3 Seiten offenen 
Raum vor seinem Ladenfenster, der, Laube genannt, durch die Stützpfeiler 
des vorragenden Obergestockes gebildet ist. Außerordentlich beliebt sind der¬ 
artige zugleich offen an der Straße und doch geschützt am Hause befindliche 
Auslagräume. Nicht selten schließt sich eine so eng an die andere, daß längs 
ganzer Straßenseiten solche Ganglauben (oder Arkaden, wie sie auch am Rat¬ 
hause sichtbar sind) sich hinziehen, welche dann fast ausnahmslos dem in der 
betreffenden Straße vertretenen Handwerkszweige als Verkaufsstätten dienst¬ 
bar gemacht werden.* 
Eine andere gleichfalls häufig zu findende Verkaufsstätte hat sich der 
Krämer in dem Hause am Kirchhofe geschaffen. Er bietet die außerordentlich 
vielfältigen Waren, die in seinen Geschäftsbereich fallen — „brot und fleisch, 
wat (Kleidung) und kram und allerley kansmanneschaft", ausgenommen „den 
bestinen stranck, den rindern schuh und den tennen topff" (Seiler-, Schuhmacher- 
und Holzschnitzerwaren) — in einer Bude** feil, einem fest in die Erde ge¬ 
gründeten, mit verschließbarem Laden versehenen Anbau, dessen Anlage aber 
nur gestattet gewesen ist, weil er nicht verkehrshindernd in die ziemlich breite 
Straße hineinragt. 
Einen nicht weniger günstigen Verkaufsplatz als die vornehmen Zünften 
angeh origen Krämer und Spezereihändler und als der seiner Unentbehrlichfeit 
sich wohl bewußte Bäcker hat die „Kreuterin" inne.*** Sie hält „am offen 
marckt" feil, während ihre Berufsgenossinnen nur „in irn verdingten Heusern, 
gemachn oder ladn", beziehungsweise „vor irem cheller" verkaufen dürfen. — 
Nur einheimische Bürger dürfen gemeinhin den Kleinhandel im Orte 
betreiben, und streng wachen Kaufleute und Makler darüber, daß insbesondere 
kein fremder Großhändler sich des Kleinverkaufs erdreiste. Ist es ja ein 
Kennzeichen des Mittelalters, daß der Handel überall als ein Einzelgut der 
* So war in Wien für die hervorragende Zunft der Tuchhändler oder „tüchler" 
eiue besondere iaube vorhanden, nach welcher die Mitglieder dieser Zunft, die au hohem 
Ansehen sich mit der „ayuung" der Münzer messen konnte, den Namen „Laubherren" führten. 
Auch derartige Vorbaue finden sich nicht selten in großer Anzahl nebeneinander, 
ohne trennende Zwischenräume ziehen sich lange mehrsitzige Bretterbuden, als Bndenlanben 
bezeichnet, dann an den Straßen hin, wohl auch rings um den Markt; sie sind gleichfalls 
im Besitze einer bestimmten Gilde, deren Diener, mit dem Schlüssel dazu betraut, sie „zu 
behieteu und zu bewaren" hat. 
Man pflegte die Höker oder Pfragner mitunter nach den von ihnen hauptsächlich 
ansgebotenen Waren als „obserin, keserin, hnnerin, sältzerin" zu bezeichnen.
	        
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