Full text: Kommentar zu Serie III der Kulturgeschichtlichen Bilder (H. 3)

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Bawern, denn es wär ja Schade, wenn man keinen frommen Bawern mehr 
finden sollte, sondern von denen rede ich nur, so dessen bekannt und es nicht 
wohl läugnen können. Von dem Mangel des Gewissens kompt auch dieses 
her, daß sie so weidlich und schreklich fluchen, ihrem eigenen Viehe alles 
Unglük wünschen, was werden sie dann andern, beydes Menschen und Viehe 
thun ? steken voller Lügen und Untrew, tragen gern das Brod ans dem 
Hanse, daß, wenn ihnen die Obrigkeit nicht so nahe aufs der Hauben säßen, 
sie wol eine newe Sodoma aufrichten möchten: — gehen selten zur Kirchen, 
viel weniger zur Beichte, denn sollten sie alle ihre Bnbenstüke erzählen, so 
möchte beydes dem Priester und ihnen die Zeit zu lang werden, kommen 
sie aber in die Kirche, so erwarten sie des Endes nicht, danken Gott, daß 
sie zur halben Predigt, ohne Gefahr herauskommen. Der aufgelegten Buß 
achten sie nicht, denn sie haben auch nicht die Zeit. — „In Summa, dahin 
ist es kommen, daß wenn man jemand einen argen Bawren schilt, so ist es 
ebensoviel, als wenn man ihn einen abgeschanmbten, durchtriebenen Essig uud 
Kern Böswicht nennet, als einen Barrabam unter den Mördern, einen 
Euribatem unter den Betrügern, einen Harpalum unter den Kirchenräubern, 
und was dergleichen ehrbaren Gesindleins mehr seyn mag, denn bei ihnen 
ist gemeiniglich weder Gewissen, noch Trew, noch Verstand, sondern lauter 
List, Betrug, Falschheit uud Bosheit, mit deren er vom Hauptschädel bis 
unter die Fußsohlen durchtrieben ist." 
So schildert Garzomis die Bauern seiner Zeit Wie können sie aber 
auch viel anders sich zeigen, da ihnen oft eine so unwürdige Stellung 
zugewiesen ist uud eine so schimpfliche Behandlung * zuteil wird, da ferner 
es auch an jedem Unterrichte fehlt? Erst durch die Reformation kommen 
ja den Bauern die ersten Anfänge höherer Intelligenz. Bis dahin befinden 
sie sich vor allem auch im tiefsten Banne des Aberglaubens und 
* Doch giebt es auch geschichtliche Zeugnisse genug, welche der Meinung widersprechen, 
als wären in der damaligen Zeit die Herren ausschließlich ungerecht und hart gegen ihre 
Untergebenen verfahren. Als gute, wohlwollende Landesherren waren z. B. Eberhard 
der Bärtige, Herzog von Würtemberg, Kaiser Max I., Ferdinand, der Bruder Karls V., 
Friedrich der Weise und sein Bruder, sowie auch der Pfalzgraf vom Rheine, der Mark¬ 
graf Philipp von Baden und Albert II., Erzbischof von Mainz, hinlänglich bekannt. Auch 
aus der stürmischen Zeit des Bauernkrieges lernen wir noch manchen Herrn in dieser 
Beziehung näher kennen, dessen reines Gewissen ihn in den Tagen der Not mit Mut 
beseelte. So sprach 1525 der Bischof von Würzburg, als er mit Lebensgefahr den 
Frauenberg verließ, um mit seinen aufrührerischen Unterthanen zu verhandeln, und die 
Räte ihn zur Umkehr bewegen wollten, mit der Zuversicht eines guten Gewissens: ,,Jch 
bin mir nicht bewußt, meinen Unterthanen Anlaß zu diesem Vernehmen gegeben zu 
haben " Und Georg Truchseß von Waldburg schrieb an seine zum Aufstande geneigten 
Bauern: „Ich habe mich oft und viel gegen andere Herren hoch vernehmen lassen, ich 
wisse, wenn auch allen Herren ihre Leute abfielen, würden die meinigen solches nicht thun."
	        
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