Full text: Kommentar zu Serie III der Kulturgeschichtlichen Bilder (H. 3)

— 44 — 
„fielen voll Säuberet), deren sie sich, beydes für sich selbst und für ihr 
Viehe behelffen," eine Thalfache, die ganz erklärlich erscheint in einer Zeit, 
mo ^lbst die Gebildetiten der Nation noch an Zauberer und Hexen glauben, 
und die ihre Bestätigung beispielsweise in der Verordnung des Kurfürsten 
August von Sachsen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts findet: Dieweil 
die Zauberei hin und wieder heftig einreißt, verordnen wir, so jemand in 
Vergessenheit seines christlichen Glaubens mit dem Teufel Verbündnis auf¬ 
richtet, umgehet oder zu schaffen hat, daß diefelbige Person, ob sie gleich 
mit Zauberei niemand Schaden zufügt, mit dem Feuer vom Leben zum Tode 
gerichtet und gestraft werden soll." Die alte heidnische Heiligfeit der Berge, 
Bäume und Quellen ist unter den Bauern, Förstern it. f. w. auch jetzt 
noch nicht ganz vergessen, nur hat sie sich dem Christlichen unterordnen 
und anfügen müssen. Noch immer erscheint diesen die Natur von unzähligen 
geheimnisvollen Wesen bevölkert, deren Macht sie durch Wunschformeln ' zu 
bannen, oder deren Unterstützung sie durch Überreste alter Opfergaben 
lz- B. das Liegenlassen einer Garbe auf dem Felde) zu erlangen suchen. 
Bor allem stehen die Nachtseiten der Natur, das Schaurige beim Volks¬ 
glauben im Vordergründe. Um dies drehen sich oft die Gespräche in den 
langen Winterabenden, wo beim Scheine eines Brennspans die Gutsgenossen 
an dem umfangreichen Ofen sitzen, der Sommer und Winter vom frühesten 
Morgen bis zum spätesten Abend mit zahllosen ungespaltenen Holzscheiten 
— Feuerholz braucht man nicht zu schonen, und die Hälfte der entstehenden 
Wärme entfliegt ungenützt durch die Esse — erwärmt wird. Emsig spinnen 
und weben dann die Frauen und fertigen Zeuge zu Kleidern aus Wolle und 
Leinwand, die sie auch zu färben wissen. Denn noch immer geht der größte 
Teil der Kleider in Stoff und Fertigung aus dem Bereiche der Wirtschaft 
hervor. — 
Der Mangel an Bildung und die große Roheit der Sitten offenbaren 
sich vor allem auch an den Festen im Dorfe, besonders dem Kirchweihfeste 
(Kirmes», dem Wiedergedächtnistag der Kirchenweihe, an dem sich allerdings 
„unter 100 Dörfern kaum drei der Hauptabsicht des Festes erinnern." Da 
roehen vom Kirchturme die Kirmesfahnen. Auf dem Dorfplatze stehen 
neben Buden, Kletterstangen und anderen Belustigungsgelegenheiten lange 
Bänke zum Schmausen und Zechen. Hier herrscht fröhliches Gewühl. In der 
tollsten und ausschweifendsten Weise belustigen sich Bauern und Gäste. 
(Vgl. dazu die meisterhaften Darstellungen von Beham!) „An der heiligen 
Kirchweihe, da ist ein groß Gesreß und er den Layen und Pfaffen, die 
einander weit darzu laden. Doch geht man früh zuvor in den Tempel 
mit @piessen und Helmbarten, grüßen die Heyligeu, darnach mit den Sack- 
pfeiffen auf den Platz oder ins Wirtshauß und den ganzen Tag Kirchweihe 
gehalten, daz man den Ablas etwa zu Abent mit Kolben austailet." (Frank. >
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.