Frankreich im Kriege mit Europa bis 1812. 23
einander eins sind, daß der Wille des einen auch der Wille des andern
ist, wird es mir leicht, dies glückliche Einverständnis, das mit den Jahren
inniger geworden ist, zu erhalten. Mit einem Worte, er gefällt mir
in allen Stücken, und ich gefalle ihm, und uns ist am wohlsten, wenn
wir zusammen sind.
Verzeihen Sie, lieber Vater, daß ich dies mit einer gewissen Ruhm¬
redigkeit sage; es liegt darin der kunstlose Ausdruck meines Glückes,
das keinem auf der Welt wärmer am Herzen liegt als Ihnen, bester, zärt¬
lichster Vater! Gegen andre Menschen, auch das habe ich von dem
Könige gelernt, mag ich davon nicht sprechen; es ist genug, daß wir es
wissen.
Ich schreibe Ihnen dies, geliebter Vater, damit Sie mit Beruhigung
an uns denken. Ihrem freundlichen Andenken empfehle ich meinen
Mann, auch unsre Kinder alle, die dem ehrwürdigen Großvater die
Hände küssen; und ich bin und ich bleibe, bester Vater, Ihre dankbare
Tochter >. Luise.
10. Goethes Unterredung tnit Napoleon zu Erfurt am 2. Oktober 1808.
Goethes Werke, Jubiläumsausgabe 30. Bd.
Marschall Lannes und Minister Maret mochten günstig von mir
gesprochen haben.
Ersterer kannte mich seit 1806.
Ich wurde um 11 Uhr vormittags zu dem Kaiser bestellt.
Ein dicker Kammerherr, Pole, kündigte mir an, zu verweilen.
Die Menge entfernte sich.
Präsentation an Savary und Talleyrand.
Ich werde hereingerufen.
In demselben Augenblick meldet sich Darn, welcher sogleich ein¬
gelassen wird.
Ich zaudere deshalb.
Werde nochmals gerufen.
Trete ein.
Der Kaiser sitzt an einem großen, runden Tische frühstückend; zu
seiner Rechten steht etwas entfernt vom Tische Talleyrand, zu seiner
Linken ziemlich nah' Darn, mit dem er sich über die Kontributions¬
angelegenheit unterhält.
Der Kaiser winkte mir, heranzukommen.
Ich bleibe in schicklicher Entfernung vor ihm stehen.
Nachdem er mich aufmerksam angeblickt, sagte er: Vous et-es un
komme, Ich verbeuge mich.
Er fragt: Wie alt seid Ihr?
Sechzig Jahre.
Ihr habt Euch gut erhalten. —