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für internationale
Schulbuchforschung
Braunschweig
Schulbuohbibllothefc
I. Auf dem Marsche nach Moskau.
Es war am 6. März des Jahres 1812. Die Garde des Königs
von Westfalen marschierte aus Cassel, mit ihr das Bataillon der
Büchsenjäger, dem ich angehörte. Wir sollten zu der Großen Armee
stoßen, die auf Napoleons Befehl gegen Rußland anrückte. Ich kann
nicht sagen, daß wir mit sonderlicher Freude diesen Marsch antraten.
Wir waren Deutsche, und Rußland, gegen das wir kämpfen sollten,
Hatte eine und dieselbe Sache mit Deutschland. Wir waren daher im
Begriff, gegen den Vorteil des eigenen Vaterlandes feindlich auf¬
zutreten. Indes hatten wir zum Nachdenken kaum Zeit; es half uns
auch nichts. Wir waren froh, des einförmigen Kasernenlebens und
ermüdenden Paradedienstes gewiß auf lange Zeit enthoben zu sein.
Am ersten Tage marschierten wir über Münden und Dransfeld
nach Göttingen. Da wurde uus Nachtquartier angewiesen. Die Göt¬
tinger Bürger und die Studierenden nahmen uns sehr freundlich auf.
Nach langer Zeit kamen wir zum ersten Male wieder in näheren
Verkehr mit Bürgern. Die liebevolle uud gütige Behandlung, die
wir in Göttingen fanden, ließ eine dankbare und augenehme Eriuue-
rmtg bei uns alleu zurück. Fröhlich und guter Dinge traten wir am
folgenden Morgen unsern Marsch an. Die Glückwünsche der Göt¬
tinger begleiteten uns.
Stuf schlechten Wegen und bei kärglicher Verpflegung ging es
durch das Eichsfeld in langen, erschöpfenden Märschen. Bei Sturm
und Unwetter marschierten wir endlich in Sondershausen ein.
x>n Halle hatten wir einige Ruhetage, marschierten dann nach
Dessau und hatten da allerlei Widerwärtigkeiten und schlechte Ver¬
pflegung; denn die Stadt war mit Truppen überfüllt. Gern trennten
wir uns daher von dieser schönen Gegend und den herrlichen Flnren,
und wir waren froh, als uns der Wasserstaud der Elbe erlaubte, über
Tecklenburg, Geschichtsquellen 1. 1