fullscreen: Gedichtsammlung aus den letzten 150 Jahren deutscher Dichtung (Teil 3, [Schülerband])

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Simrock. 
4. Jene Marken unsrer Gauen 
Sind dir nicht vergönnt zu schauen, 
Stehst am Markstein deines Lebens, 
Deine Siege sind vergebens. 
5. Säumt der Deutsche gerne lange, 
Nimmer beugt er sich dem Zwange, 
Schlummernd mag er wohl sich strecken, 
Schläft er, wird ein Gott ihn wecken." 
6. Drusus, da sie so gesprochen, 
Eilends ist er aufgebrochen, 
Aus den Schauern deutscher Haine 
Führt er schnell das Heer zum Rheine. 
7. Vor den Augen sieht er's flirren, 
Deutsche Waffen hört er klirren, 
Sausend hört er die Geschosse, 
Stürzt zu Boden mit dem Rosse. 
8. Hat den Schenkel arg zerschlagen, 
Starb den Tod nach dreißig Tagen. 
Also wird Gott alle fällen, 
Die nach Deutschlands Freiheit stellen. 
Gedichte. S. H7 f. 
414. St. Christophorus. 
1. Den Riesen Kanaans entsprossen 
War Offerus, ein Heide noch. 
Den Herren sucht' er unverdrossen, 
Und gerne fügt' er sich dem Joch; 
Doch nur dem Mächtigsten auf Erden 
Gedacht' er Unterthan zu werden. 
2. Da hört' er von dem Kaiser sagen, 
Er wär' der höchste Herr der Welt. 
Gleich eilt' er, Dienst ihm anzutragen: 
„Gebiete mir, wie dir gefällt; 
Dem Allgewaltigen zu dienen, ^ 
Bin ich, dein treuer Knecht, erschienen." 
3. Der Kaiser ließ es sich gefallen, 
So starker Dienstmann war ihm recht. 
Ihn schickt' er vor den andern allen, 
Wo schwankend tobte das Gefecht. 
Und immer war der Kampf entschieden, 
Da solchen Feind die Feinde mieden. 
4. Da trat am frohen Siegesfeste 
Ein Spielmann in der Helden Kreis. 
Der sang dem Schwarm entzückter Gäste 
Des starken Überwinders Preis, 
Und manchmal ließ er in sein Singen 
Des bösen Feindes Namen klingen. 
5. Der Kaiser schlug des Kreuzes Zeichen, 
So oft der Böse ward genannt. 
„Ich sehe dich zwei Striche streichen 
Die Kreuz und Quer' mit schneller Hand: 
Sag an, was soll das Spiel bedeuten?" 
Frug er den Kaiser vor den Leuten. 
6. Der sprach: „So schirm' ich Herz und Sinne, 
Daß er, der aller Menschen Feind, 
Nicht über sie Gewalt gewinne." — 
„Ha", rief er, „ist es so gemeint? 
Du fürchtest dich vor einem andern? 
So laß mich, dem zu dienen, wandern. 
7. Wer sagt mir an, wo ich ihn finde, 
Vor welchem dieser sich entsetzt? 
Daß ich mich seinem Dienst verbinde, 
Ob man ihn gleich für böse schätzt. 
Für böse gilt mir nur der Feige; 
Hier harr' ich sein, daß er sich zeige." 
8. Es war im tiefen Waldesdnukel: 
Da sprengt' ein schwarzer Ritter an, 
Die Augen glühendes Gefunkel: 
»Du riefest mir, ich bin der Mann, 
Vor dem die Menschen alle beben; 
Mir sollst du dich zu eigen geben.« 
9. Da freute sich der Ungeschlachte 
Und gab sich ihm mit Haut und Haar; 
Das Herz in seinem Leibe lachte, 
Daß er des Stärksten Diener war. 
Und jedem Winke seiner Augen 
Gehorcht' er, möcht' es auch nicht tätigen. 
10. Doch einst in seines Herrn Geleite 
Sah er am Weg ein Krenzesbild. 
Da riß der Teufel aus ins Weite: 
„Herr, warum trabt Ihr ins Gefild?" 
Der wollt' es erst ihm nicht bekennen; 
Er sprach: „So müssen wir uns trennen." 
11. »Mariens Sohn hing an dem Holze: 
Laß uns geschwind vorüberziehn.« — 
„Mariens Sohn", versetzt der Stolze, 
„Du armer Schächer fürchtest ihn? 
So fand ich hier den rechten Meister, 
Vor dem sich schenn die bösen Geister."
	        
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