— 12 —
aber die Trommeln in der ganzen Ebene den Sturmmarsch wirbelten
und wir mit gefälltem Gewehre vorwärts liefen, hoben sich meine
Haare wieder vor Entsetzen in die Höhe, und alle meine Glieder
gitterten am Leibe. Die Franzosen sahen uns kommen und fingen so
heftig an zu schießen, daß ich glaubte, wir müßten alle stürzen. Die
Salven krachten, und unsere Leute fielen wie gemäht, aber noch war
ich nicht im Bereich der Kartätschen. Doch jetzt — ich fühle meinen
Nebenmann zur rechten Hand nicht mehr, und wie ich hinsehe, war
im selben Nu alles neben mir zerschmettert und zu Boden gestreckt.
Da hörte ich den Feldwebel zu mir sagen: „Hechel, rücke heran"!
was ich denn auch tat, und wobei mir die andern, die noch standen,
folgten, xjch war von Blut und Gehirn der Zerschmetterten so be¬
spritzt, daß ich kaum aus den Augen blicken konnte. Wie ich mir
eben das Gesicht abwische, sieht mich mein Nebenmann plötzlich starr
an, und ich ihn. Sein Mund stand offen, die rechte Backe war weg¬
gerissen; er fiel.
Im Sturmschritt ging's weiter. Unsere Kanoniere schossen nun
auch mit Kartätschen. Der Major jagte auf das feindliche Geschütz
zu, hieb die Artilleristen von den Kanonen, und wir nahmen die ganze
Batterie.
Nun ging's auf das dahinterstehende Karree los. Unser Major
stürmte uns wieder weit voraus, hieb mit dem Säbel rechts und
links um sich, sank aber, eher wir herankommen konnten, von Bajonett¬
stichen und Kugeln durchbohrt, vom Pferde. Wir faheu's und stürzten
nach. Als wir ankamen, war das Karree schon wieder geschlossen,
aber die Feinde zitterten am ganzen Leibe. Ich war vorgedrängt und
stand dicht vor ihren Bajonetten, mußte aber erst einen Augenblick
Luft schöpfen. Dann nahmen der Unteroffizier Böttcher und ich die
Gewehre verkehrt, schlugen erst mit den Kolben die gefällten Bajonette
von der Seite, und dann den Franzosen immer „patsch, patsch" ins
Gesicht. Unsere Kameraden folgten dem Beispiele, und noch heute
kann ich nicht begreifen, warum die Feinde so fest in einander gedrängt
standen und sich nicht wehrten. Sie ließen sich ohne Widerstand tot¬
schlagen, oder krochen mit den Köpfen unter die Toten. Jetzt erst,
als das ganze Karree niedergemacht war, traten wir zu unserem Major
von Krosigk, der uns so tapfer geführt. Er lag aus dem Boden
bleich und blutend, den Säbel fest in der Faust. Einige wollten ihn