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aber die Trommeln in der ganzen Ebene den Sturmmarsch wirbelten 
und wir mit gefälltem Gewehre vorwärts liefen, hoben sich meine 
Haare wieder vor Entsetzen in die Höhe, und alle meine Glieder 
gitterten am Leibe. Die Franzosen sahen uns kommen und fingen so 
heftig an zu schießen, daß ich glaubte, wir müßten alle stürzen. Die 
Salven krachten, und unsere Leute fielen wie gemäht, aber noch war 
ich nicht im Bereich der Kartätschen. Doch jetzt — ich fühle meinen 
Nebenmann zur rechten Hand nicht mehr, und wie ich hinsehe, war 
im selben Nu alles neben mir zerschmettert und zu Boden gestreckt. 
Da hörte ich den Feldwebel zu mir sagen: „Hechel, rücke heran"! 
was ich denn auch tat, und wobei mir die andern, die noch standen, 
folgten, xjch war von Blut und Gehirn der Zerschmetterten so be¬ 
spritzt, daß ich kaum aus den Augen blicken konnte. Wie ich mir 
eben das Gesicht abwische, sieht mich mein Nebenmann plötzlich starr 
an, und ich ihn. Sein Mund stand offen, die rechte Backe war weg¬ 
gerissen; er fiel. 
Im Sturmschritt ging's weiter. Unsere Kanoniere schossen nun 
auch mit Kartätschen. Der Major jagte auf das feindliche Geschütz 
zu, hieb die Artilleristen von den Kanonen, und wir nahmen die ganze 
Batterie. 
Nun ging's auf das dahinterstehende Karree los. Unser Major 
stürmte uns wieder weit voraus, hieb mit dem Säbel rechts und 
links um sich, sank aber, eher wir herankommen konnten, von Bajonett¬ 
stichen und Kugeln durchbohrt, vom Pferde. Wir faheu's und stürzten 
nach. Als wir ankamen, war das Karree schon wieder geschlossen, 
aber die Feinde zitterten am ganzen Leibe. Ich war vorgedrängt und 
stand dicht vor ihren Bajonetten, mußte aber erst einen Augenblick 
Luft schöpfen. Dann nahmen der Unteroffizier Böttcher und ich die 
Gewehre verkehrt, schlugen erst mit den Kolben die gefällten Bajonette 
von der Seite, und dann den Franzosen immer „patsch, patsch" ins 
Gesicht. Unsere Kameraden folgten dem Beispiele, und noch heute 
kann ich nicht begreifen, warum die Feinde so fest in einander gedrängt 
standen und sich nicht wehrten. Sie ließen sich ohne Widerstand tot¬ 
schlagen, oder krochen mit den Köpfen unter die Toten. Jetzt erst, 
als das ganze Karree niedergemacht war, traten wir zu unserem Major 
von Krosigk, der uns so tapfer geführt. Er lag aus dem Boden 
bleich und blutend, den Säbel fest in der Faust. Einige wollten ihn
	        
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