Full text: Kleine Lebensbilder aus dem Mittelalter

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mal vergebens vor einen Reichstag laden und sprach dann, als er 
auch zum vierten Male nicht erschien, 1080 die Acht über ihn aus, 
weil er das Reich in der Stunde der Gefahr verlassen und den 
schuldigen Gehorsam verweigert habe; zugleich erklärte er ihn seiner 
Lehen für verlustig, gab Sachsen dem Bernhard von Askanien, Sohn 
Albrechts des Bären, und Baieru dem Pfalzgrafen Otto von Wittels¬ 
bach. Heinrich setzte sich freilich zur Wehre; da er sich aber durch 
seinen übermäßigen Stolz sehr verhaßt gemacht hatte, wurde er von 
seinen Vasallen verlassen und sah sich gezwungen, zu Erfurt die 
Gnade des Kaisers anzuflehen. Dieser verzieh ihm zwar, gab ihm 
aber seine Herzogthümer nicht zurück, sondern ließ ihm bloß seine 
Erbgüter Braunschweig und Lüneburg und verbannte ihn auf drei, 
und nachher noch einmal auf sieben Jahre, welche Zeit Heinrich bei 
seinem Schwiegervater, dem Könige von England, zubrachte. 
Als der sechsjährige Waffenstillstand abgelaufen war, schloß 
Friedrich mit den Lombarden den Frieden zu Constanz (1183) mit 
der Bestimmung, daß die Städte alle ihre Rechte innerhalb ihrer 
Mauern behalten, ihre Beamten selbst wählen, aber dem Kaiser als 
Lehnsherrn huldigen sollten. Um den wiederhergestellten Frieden zu 
feiern, veranstaltete er ein großes Reichsfest zu Mainz (1184), zu 
welchem eine große Menschenmenge zusammenströmte; seinem Sohne 
Heinrich ertheilte er den Ritterschlag. Dann ging er ohne Heer zum 
sechsten Male nach Italien, und wurde dort, wo man Alles vergessen 
zu haben schien, freundlich aufgenommen und hatte das Glück, seinen 
Sohn Heinrich mit der Constanze, der Erbin des Königs von Neapel 
und Sicilien, zu vermählen und so seinem Hause die Anwartschaft 
auf diese Länder zu erwerben. 
So hätte Friedrich seine letzten Tage in Ruhe uud Frieden 
verleben können, wenn nicht die Kunde erschollen wäre, daß Jerusalem 
in die Hände der Ungläubigen gefallen sei. Saladiu, Sultan von 
Aegypten und Syrien, ein wegen seines Edelmnthes hochgeachteter 
Mann, hatte in Folge einer von christlichen Rittern seiner Mutter 
zugefügten Beleidigung, wofür man die Genugthuung verweigerte, 
die Christen mit Krieg überzogen, sie bei Tiberias geschlagen und 
dann Jerusalem erobert. Die Kunde davon brachte in Europa eine 
ungeheure Aufregung hervor; überall zeigte sich Begeisterung für die 
Wiedergewinnung des Landes und einen Krenzzug dorthin. Die drei
	        
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