156 Das Fichtelgebirge und seine Ausläufern
riesigen Bergleibern, die ein torfiger Sattel trennt, die sogenannte Seelohe
mit dem kleinen Fichtelsee (777 in), aus dem nicht nur die Sage, sondern auch
noch manch prächtiges Kartenwerk des vorigen Jahrhunderts — so teilweise
noch das von Homann in Nürnberg vom Jahre 1733 — die vier Fichtel-
gebirgsflüsse Main, Eger, Nab und Saale entspringen läßt. Diese Torfebene
ist ein geographisch gar wichtiger Punkt, denn hier trennen sich die Berg- und
Thalzllge, die Flußgebiete Deutschlands, im engsten Räume voneinander: die
Main- und die Nabquellen, die Stöcke des Schneeberges und Ochsenkopfes, und
wiederum von letzteren die großen Berglappen des Fichtelberger Waldes sowie
in nur ganz geringer Entfernung vom Schneeberge das malerische Köfseinegebirge.
Als den König des Gebirges umgeben den Schneeberg hohe Trabanten oder
Anhängsel von Granit: der Nußhart (1005 in), die „Drei Brüder" und der
Rudolfstein (845 in), das „Kalte Buch" (873 in), der Haberstein. An den Back-
öfelefels, an die höchste Klippe des Fichtelgebirges, hat die Fichtelgebirger
Sektion des dentsch^österreichischen Alpenvereins ein Asyl aus cyklopischem Granit-
gemäner hingebaut, um den erhitzten Wandersmann vor Zug, Sturm und Regen
zu schirmen, wenn es ihn von Bischofsgrün, Wunsiedel oder Weißenstadt herauf-
trieb, um über einen ungeheuren Waldmantel hinweg halb Franken und Ober-
Pfalz bis weit nach Böhmen und Thüringen hinaus zu überblicken.
Aus dem Ochsenkopf soll sich erst ein ähnliches Asyl erheben; hart vorm
Gipselfelsen ist links vom Bergpfad, welcher von Bischofsgrün heraufführt, das
Schnee- oder Goldloch; wer hineinsteigt, sieht um sich in allen Ritzen und Spalten
grüngoldenes mattes Licht phosphoreszieren — „Herr Mammon selbst erleuchtet
den Palast" — wie Mephisto beim Gange zum Blocksberg sagt — nämlich mit
Leuchtmoos oder dem Vorkeim der Schistostega osimmdacea, des zierlichsten
aller Moose. In Südost und Nordwest trennen tiefe Pässe (674, bez. 681 in)
die Schenkel des Hufeisens vom Scheitel ab, welche beide dann aus Südwest
nach Nordost verlaufen und das Kösseine- und das Waldsteingebirge bilden.
Das Köfseinegebirge ist eigentlich ein ovaler Kranz von neun hohen
Kuppen, dessen Längenachse von Südwest nach Nordost gegen die Redwitzer
Hochebene verläuft. In diesem, dem Ostschenkel des Hufeisens, stehen auch die
größten Erhebungen dieser wildschönen Berggruppe: die Kösseine mit ihrem
durch eine wunderschöne Aussicht gesegneten Doppelgipsel, dessen größeres Fels-
Horn genau 904 in Höhe erreicht, und welcher weithin als Wahrzeichen des
ganzen Gebirges emporragt; der Burgstein 869 ni und die hochberühmte Lux-
oder Luisenburg, eine wildschöne, in gigantische Trümmer zerschlagene, laby-
rinthische Bergruine, 586 in hoch. Der Burgstein und die ihm nordwestlich
gegenüberliegenden Wunsiedler Habersteine gehören zu jenen Berggebilden von
Granit, welche die große Baumeisterin Natur selber im Stile der uralten Burgen
des Pelops oder des Atreus aus cyklopischem Mauerwerk aufgeführt hat.
Der gegenüberliegende Schenkel des Hufeisens ist das Waldsteingebirge,
das zwischen Saale und Eger liegt und zuerst einen steilen und imponierenden,
von Ruinen bekrönten, wildschönen zertrümmerten langen Kamm, den eigentlichen
Waldstein (876 in), bildet und dann in breitem Rücken über den prachtvollen
Epprechtstein (mit herrlicher Ruine) weiterzieht, bis derGroße Kornberg noch-
mals eine ungeheure Granitkuppe (800 in) bildet. Auf der Nordseite des Waldstein
sammeln sich die Quellen der Saale bei 728 in Meereshöhe; gegenüber davon