168 Die Gewaltherrschaft Napoleons und ihr Zusammenbruch.
Wallis und Neuenburg zurück (letzteres unter Preußens Oberhoheit) und wurde
für immer als neutral erklärt. — Nach Spanien und Portugal kehrten die Dynastien
Bourbon und Braganza zurück (S. 155). — Auch in Italien stellte man den alten
Zustand wieder her. Nur erfuhr Sardinien eine Vergrößerung durch Ein¬
verleibung von Genua; Venetien (nebst Istrien und Dalmatien) fiel an
Österreich; P a r m a - Piacenza sollte nach dem Tode der Kaiserin Marie Luise
(S. 164) an eine bourbonische Linie fallen, die einstweilen Lucca erhielt.
Für Deutschland wurden im allgemeinen die territorialen Verhält¬
nisse von 1805/06 wiederhergestellt. Im einzelnen ergaben sich folgende Ände¬
rungen: Österreich hatte schon kurz nach dem ersten Pariser Frieden von Bayern
Tirol mit Vorarlberg, Salzburg und das Jnnviertel zurückerhalten; dazu empfing
es außer dem Lombardisch-Venetianischen Königreich (s. oben) noch Ostgalizien
(von Rußland), besaß also fortan eine zusammenhängende Ländermasse mit aller¬
dings national sehr verschiedener Bevölkerung. — Preußen behielt von seinen
früheren polnischen Besitzungen nur Westpreußen (mit Danzig und Thorn) sowie
Posen, bekam aber seine ehemaligen westelbischen Besitzungen zurück (mit Aus¬
nahme von Ostfriesland und Hildesheim, die an Hannover fielen), dazu die nörd¬
liche Hälfte Sachsens nebst Erfurt, ferner Schwedifch-Pommern mit Rügen,
Westfalen und die Rheinprovinz (Jülich-Berg, Köln, Trier, Koblenz rc. 2C.); nur
Ansbach-Bayreuth trat es dauernd an Bayern ab. Somit wurde Preußen wieder
(im Gegensatze zu Österreich) ein fast rein deutscher Staat und er¬
streckte sich wie früher, allerdings territorial unterbrochen, von der Memel bis an
und über den Rhein, sodaß seine Interessen neuerdings (vgl. S. 95) mit denen
Gesamtdeutschlands zusammenfielen. — Bayern erhielt für feine Verluste (Tirol
usw.) das heutige Unterfranken (Würzburg, Aschaffenburg) und die heutige Rhein¬
pfalz. Die von Österreich zugesicherte territoriale Verbindung zwischen Unter-
stanken und der Rheinpfalz konnte jedoch nicht erreicht werden. Somit bekam
Bayern im wesentlichen feine heutige Gestalt und Zusammensetzung. Die Ver¬
einigung verschieden gearteter Stämme (Bayern, Schwaben, Franken) erwies
sich wie im übrigen Deutschland so auch hier als segensreich, weil sie gegenseitige
Anregung, Erweiterung des Gesichtskreises, Verbreiterung des Arbeitsfeldes
für die Einzelglieder, überhaupt engere Fühlung der deutschen Stämme im Ge¬
folge hatte. — Sachsen verlor die Hälfte feines Gebietes, behielt aber Leipzig und
Dresden. — Die übrigen Mittel- und Kleinstaaten behielten ihren Besitzstand. —
Oldenburg, Weimar, Hessen-Darmstadt, die beiden Mecklenburg und Luxemburg
wurden Großherzogtümer (Baden hatte diesen Titel schon 1805 be¬
kommen). — Demgemäß gehörten zu Deutschland 1 Kaiserreich, 5 Königreiche,
7 Großherzogtümer, 1 Kurfürstentum (Hessen-Kassel), 10 Herzogtümer, 10 Fürsten¬
tümer und 4 freie Städte, zusammen 38 Staatengebilde. Dazu kam noch (1817)
die Landgrafschaft Hessen-Homburg.
Die Gesamtverfassung Deutschlands. Weil die deutschen Staaten auf ihre
Souveränitätsrechte nicht wieder verzichten wollten, wurde das Deutsche Reich
mit seinem Wahlkaisertum nicht wiederhergestellt. Dafür entstand nach langen
und schwierigen Verhandlungen durch die Wiener Bundesakte der sog.
1815 Deutsche Bund, dem noch drei ausländische Fürsten für ihre Nebengebiete an-
8. Juni gehörten, nämlich der König von England (für Hannover), der König von Däne¬
mark (für Holstein und Lauenburg) und der König der Niederlande (für Luxem¬
burg). Anderseits waren die preußischen Provinzen Ost- und Westpreußen sowie
Posen, ferner die polnischen, ungarischen und italienischen Besitzungen Österreichs