Full text: Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) (Hauptteil 3)

Die konstitutionelle und nationale Bewegung in Deutschland bis 1830. 191 
zwischen König und Volk; als dann im Jahre 1848 wie anderwärts so 
auch in Bayern das Volk mehr freiheitliche Zugeständnisse stürmisch ver¬ 
langte, gab Ludwig nach, entschloß sich aber dann, weil die „neue Richtung 
auch neue Männer" erheische, zur freiwilligen Thronentsagung. Fortan 1848 
enthielt sich Ludwig streng alles Einflusses auf die Regierung, blieb aber ^-Marz 
seinen idealen Bestrebungen bis zum Ende treu und förderte Kunst und 
Künstler inner- und außerhalb Bayerns so gut er konnte. Nach einem 
tatenreichen Leben starb er in Nizza. 
Seine irdischen Reste wurden in der Münchener Basilika beigesetzt. Auf 
dem Odeonsplatze in München steht Ludwigs Reiterstandbild. Seit 1888 prangt 
seine Marmorbüste unter den Walhallagenossen, seine Erzbüste in der Baye¬ 
rischen Rnhmeshalle.^Des großen Königs Andenken lebt in seinen Werken. 
I. Die Kämpfe zwischen den konstitutionellen und natio¬ 
nalen Bestrebungen der Völker einerseits, den reaktio¬ 
nären Bestrebungen der meisten Regierungen anderseits 
(bis zu Anfang der 60 er Jahre). 
Die konstitutionelle und nationale Bewegung in Deutschland bis 1830. 
1. Das Verlangen nach Verfassungen wurde in Deutschland 
seit 1815 allgemein. Die Deutschen hatten ja während der Freiheitskriege 
die schwersten Opfer an Gut und Blut fürs Vaterland gebracht. Also 
glaubten sie reif und würdig genug zu fein, um am politischen Leben und 
an der Leitung ihrer eigenen Geschicke tätigen Anteil nehmen zu können. 
Tatsächlich hatte auch der Wiener Kongreß den deutschen Staaten ständische 
Verfassungen in Aussicht gestellt. Aber nur einige Mittel- und Kleinstaaten 
lösten in den nächsten Jahren dieses Versprechen ein, so N a s s a n (1814), 
Weimar (1816), Bayern (1818), Baden (1818) und Würt¬ 
temberg (1819). Die meisten übrigen Regierungen zögerten und 
strebten nach Wiederherstellung der alten Zustände, besonders die unter dem 
Einfluß Metternichs (—1848) stehenden Großstaaten Österreich und 
Preußen. Infolgedessen schlossen sich weite Kreise des Bürgertums 
und namentlich der studierenden Jugend unter der Einwirkung des Turn¬ 
vaters Jahn (f 1852) zu national und freiheitlich gesinnten Vereinen 
zusammen und suchten auf die öffentliche Meinung in ihrem Sinne einzu¬ 
wirken. Daraus entstanden u. a. die Deutsche Turnerschaft 
und, von Jena ausgehend, die Deutsche Burschenschaft. Indes 1815/18 
sah Metternich richtig voraus, daß bei weiterer Erstarkung der mit den 
konstitutionellen Wünschen Hand in Hand gehenden nationalen Bewegung 
die Staatseinheit des vielsprachigen Österreichs gefährdet sei, und bot des¬ 
halb die Hl. Allianz gegen die konstitutionellen Bestrebungen auf.
	        
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