Full text: Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) (Hauptteil 3)

Humanismus und Renaissance. 11 
dunkle Umgebung unb verklärt bie anbetenben Hirten unb bie jubelnben Engel. 
Einen ähnlichen Einbruck macht bie Madonna mit betn Hl. Hieronymus. Un¬ 
erreicht an Farbenpracht unb unübertrefflich in ber Darstellung menschlicher 
Schönheit finb bie Werke bes großen Venetianers Tizian: fesselnbe Kraft f 1576 
ber Charakterisük verrät bereits seine Jugenbarbeit, ber Zinsgroschen (jetzt in 
Dresben); eine Schilberung höchsten Glücks unb seligen Entzückens ist bie Himmel¬ 
fahrt Mariä (Assunta, in Venebig). Tizian malte auch zahlreiche Porträt- 
bilber, barunter basjenige Karls V. (jetzt in ber Münchener Alten Pinakothek). 
b) Literatur und Kunst in Deutschland. 
Währenb ber neue Geist in ben romanischen Säubern, hauptsächlich in 
Italien, weitere Kreise ber Bevölkerung ergriff, beschränkte er sich in ben ger¬ 
manischen Säubern, besonbers in Deutschland mehr aus bie IX n i ö e r s i t ä t e n, 
wie Jngolstabt, Heibelberg, Tübingen, Erfurt, Wien 2c. unb bie Reichsstäbte, 
wie Augsburg, Nürnberg u. a. Von ben Fürstenhöfen waren es vorzugsweise 
ber bes Kaisers Maximilian I. unb berjenige ber Pfälzer Wittelsbacher, bie sich 
burch bie Begünstigung bes Humanismus unb ber Renaissance einen Namen 
machten. Sobann führte bie Bewegung füblich ber Alpen vielfach zu einer freieren, 
ungebunbenen Lebensauffassung, uörblich ber Alpen bagegen vor allem zu einer 
ernsten Reform ber wissenschaftlichen Betriebe unb bes Erziehungswesens, ver¬ 
anlaßte wohl auch offene Kritik an ben überlieferten politischen unb kirchlichen 
Verhältnissen. 
1. Wissenschaft und Dichtung. Der Begrünber bes beutschen Humanismus 
war Rubolf A g r i c o I a1) in Heibelberg. Dann wirkte ber phantafieüolle Dichter f 1485 
unb patriotische Historiker Konrab Celtes in Jngolstabt unb Wien. Als aus- f 1508 
gezeichneter Kenner bes Hebräischen rettete ber schwäbische Gelehrte Johann 
R e u ch I i n (ans Pforzheim) in einem Streit mit ben Kölner Dominikanern -j- 1522 
die Mischen Religionsbücher vor ber brohenben Vernichtung. Anläßlich bieser 
wissenschaftlichen Fehbe gingen aus bem Kreise ber Erfurter Humanisten bie 
sog. Epistulae obscurorum virorum hervor, in benen bie Mönche unb besonbers 
bie Dominikaner verspottet würben. Der Augsburger Patrizier Konrab Peu - 
tinger, ein Freunb Kaiser Maximilians, stiftete in Augsburg eine gelehrtef 1547 
Gesellschaft; seinen Namen trägt bie tabula Peutingeriana, eine aus bem 3. Jahrh, 
ftammenbe Straßenkarte bes römischen Reiches. Der Nürnberger Ratsherr 
Willibalb Pirkheimer bilbete ben Mittelpunkt eines regen Wissenschaft- f 1580 
Iichen unb künstlerischen Lebens in feiner Vaterstabt. Desiberius Erasmusf 1536 
von Rotterbam (gest. in Basel), ber Hauptvertreter ber religiös-päbagogischen 
Richtung, erstrebte eine Reform ber Kirche, aber auf frieblichem Wege. Von 
seinen zahlreichen Schriften ist bie Ausgabe bes Neuen Testamentes im griechischen 
Urtext wichtig. Gegen verschobene Äußerlichkeiten unb Mißstänbe bes bamaligen 
kirchlichen Lebens richtete er u. a. bas „Lob ber Narrheit"; trotzbem zog er sich 
von ber beginnenben Reformation Luthers zurück unb bekämpfte befsen Auf¬ 
treten. 
Ulrich v. Hutten, aus einem fränkischen Rittergefchlechte, stritt kühnf 1523 
für bie neue Bilbung. „O Jahrhunbert! O Wissenschaften! Es ist eine Freube 
Au leben: bie Stubien blühen, bie Geister regen sich!" so begrüßte er seine Zeit. 
X) Eigentlich hieß er Landmann; aber die Humanisten liebten es, ihren Namen 
durch wörtliche Übersetzung eine lateinische oder griechische Form zu geben.
	        
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