Heinrich VI. 81
und vor der die Weltmachtstellung des Papsttums verschwinden sollte.
Die Hohenstaufen dachten kühner als Karl der Große und die Ottonen.
Aber erst im Sohne Barbarossas sand diese Politik ihren ebenso begabten 1190
wie rücksichtslosen Vollstrecker.
Kapitel 59.
Heinrich YI.
(1190—1197.)
§ 1. Im Jahr 1189 war der Schwiegervater Heinrichs, König Wil-
Helm von Sizilien, gestorben. Aber obwohl die Barone des Normannen-
reichs vorher schon Heinrich gehuldigt gehabt hatten, gewann jetzt eine
nationale Strömung die Oberhand, welche einen Normannenfürsten auf dem
Thron Sizilien sehen wollte, nämlich den Grafen Tankred, einen Halbbruder
des verstorbenen Königs. Für ihn trat auch der Papst als der Lehensherr
Siziliens ein. Heinrich mußte sich also beeilen, wollte er sich und seiner
Gemahlin Sizilien sichern. Zu dem Behuf traf er mit dem in feindseligen
Absichten zurückgekehrten Heinrich dem Löwen ein gütliches Abkommen und
brach dann mitten im Winter (1190/91) nach Italien auf. Kaiserkrönuug
in Rom; Belagerung Neapels; dann aber Ausbruch des Fiebers; Verlust
der Kaiserin (sie wurde durch Verrat an Tankred ausgeliefert); Rückkehr
nach Deutschland mitten im Winter (1191/92) nach mtverrichteter Sache. —
§ 2. In Deutschland war Heinrich VI. nicht auf Rosen gebettet:'
die Welsen boten ihm Trotz, und sein rücksichtsloses und ränkevolles Vor-
gehen bei der Besetzung verschiedener Bischofssitze hatte böses Blut gemacht.
Es bildete sich eine Fürstenverschwörung: der Kaiser sollte im Ein-
Verständnis mit dem Papst abgesetzt werden. Demgegenüber entwickelte
Heinrich zwar eine fieberhafte Tätigkeit; trotzdem zogen sich die Wolken
immer schwärzer über seinem Haupt zusammen. Er schien verloren. Da
befreite ihn ein glücklicher Zufall aus seiner Notlage. Der König von
England, Richard Löwenherz, der Schwager Heinrichs des Löwen, hatte
auf der Rückkehr vom Kreuzzug seinen Weg über Deutschland genommen
und war unweit von Wien in die Gefangenschaft Herzog Leopolds von
Österreich geraten (1192), desselben, den er vor Akkon persönlich beleidigt
hatte. Diesen Fang nutzte nun Heinrich nach allen Richtungen ans. Erst¬
lich ließ er sich den gefangenen König ausliefern; sodann verlangte er von
ihm ein enormes Lösegeld, sowie den Lehenseid und das Versprechen, ihm
mit Schiffen und Mannschaft und in eigener Person gegen Tankred von
139 Hesselmeyer, Geschichte. 2. Aufl. 3. Teil. 6