Full text: Geschichtliches Lesebuch

XXI. Rede des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck. 
auch das beste Gewehr an der Schulter haben, die vollste Bewaffnung 
und die ausgiebigste Kleidung zum Schutz gegen Witterung und alle 
äußeren Vorkommnisse. (Lebhaftes Bravo.) Da dürfen wir nicht 
sparen. Aber ich hoffe, es wird unsere Mitbürger beruhigen, wenn 
sie sich nun wirklich den Fall denken, an den ich nicht glaube, daß 
tt)ir von zwei Seiten gleichzeitig überfallen würden — die Möglich¬ 
keit ist ja, wie ich Ihnen vorhin an dem vierzigjährigen Zeitraum 
entwickelt habe, für alle möglichen Koalitionen doch immer vorhan- 
^en ; wertn das eintritt, so sönnen wir an jeder unserer Grenzen 
eine Million guter Soldaten in Defensive haben. Wir sönnen dabei 
Reserven von einer halben Million und höher, auch von einer ganzen 
Million, im ^pinterlande behalten und nach Bedürsnis vorschieben. 
Mau hat mir gejagt: das wird nur die Folge haben, daß die anderen 
auch noch höher steigen. Das können sie nicht. (Bravo! — Heiter¬ 
keit.) Die Ziffer haben sie langst erreicht. Wir haben die Ziffer im 
Jahre 1867 heruntergesetzt, weil wir glaubten, jetzt haben wir den 
norddeutschen Bund, wir können es uns jetzt leichter machen, da können 
wir die Leute über zweiunddreißig Jahre freilassen. In der Folge 
haben unsere Nachbarn eine längere Dienstzeit adoptiert, viele eine 
zwanzigjährige Dienstzeit. — Der Herr Kriegsminister, wenn er das 
Wort ergreifen will, wird Ihnen das näher auseinandersetzen können; 
in der Ziffer sind sie ebenso hoch wie wir, aber in der Qualität können 
sie es uns nicht nachmachen. (Sehr richtig!) Die Tapferkeit ist ja 
bei allen cimlisierten Nationen gleich; der Russe, der Franzose schlagen 
sich so tapfer wie der Deutsche; aber unsere Leute, unsere 700000 
Mann sind kriegsgedient, rompus au metier, ausgediente Soldaten, 
und die noch nichts verlernt haben. Und was uns kein Volk in der 
Welt nachmachen kann: wir haben das Material an Offizieren und 
Unteroffizieren, um diese ungeheure Armee zu kommandieren. (Bravo!) 
Das ist, was man nicht nachmachen kann. Dazu gehört das ganz 
eigentümliche Maß der Verbreitung der Volksbildung in Deutschland, 
wie es in keinem anderen Lande wieder vorkommt. Das Maß von 
Bildung, welches erforderlich ist, um einen Offizier und Unteroffizier 
zum Kommando zu befähigen nach den Ansprüchen, die der Soldat 
an ihn macht, existiert bei uns in sehr viel breiteren Schichten als in 
irgend einem anderen Lande. Wir haben mehr Offiziermaterial und 
Unteroffiziermaterial als irgend ein anderes Land, und wir haben ein 
Offizierkorps, welches uns kein anderes Land der Welt nachmachen 
kann. (Bravo!)
	        
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