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282. Bei sagend eck in Hamburg.
Durch das fruchtbare Holstein wenden wir uns nach Süden, nach
der Freien und Hansestadt Hamburg an der Elbe, der größten Seestadt
des europäischen Festlandes und, nach London und Neupork, der dritt¬
größten der Welt.
was gibt es hier nicht alles zu sehen und zu bewundern! Die weni¬
gen Stunden Aufenthalt, die uns zur Verfügung stehen, wollen wir ver¬
wenden, um etwas kennen zu lernen, was es in der Welt nicht wieder
gibt: hagenbecks Tierpark.
Er liegt außerhalb der Stadt, wilde Tiere aus allen Ländern der
Welt find hier zu Schau und verkauf zusammengebracht. Kber sie wer¬
den nicht in grausam enger Gefangenschaft gehalten, die in Menagerien
und selbst in zoologischen Gärten ihr Los ist, sondern sie bewegen sich
frei in weiten Gehegen, die der Lebensart ihrer Bewohner angepaßt sind.
Über ebenen Heiden wandern die Dromedare und die Strauße der Sa¬
hara ; eine künstliche Steppe bietet den Büffeln Nordamerikas, den Anti¬
lopen und Zebras Kfrikas weide. Zwischen wilden Felsen klettern die
Lamas der Knden, die Steinböcke der Klpen und die Mufflons aus den
Gebirgen Korsikas und Sardiniens; die Elefanten stehen in einem ge¬
meinsamen Haus in langer Neihe und ziehen von da aus hin und wieder
zur Krbeit in den park.
Sn der Polarlandschaft tummeln sich Walrosse, See-Elefanten und
Nobben vergnügt in geräumigen Bassins, auf deren steinernem Band die
Königspinguine komisch-plumpen, gravitätischen Ganges einherwatscheln.
Abgesonderte Grotten und kühle Wasserbecken sind das heim der Eis¬
bären,' sie lassen sich klatschend ins Wasser hineinfallen, schwimmen schnau¬
bend umher, schlagen einander mit den Tatzen, wenn sie sich zu nahe
kommen, erklimmen einen Felsenabsatz, um auf dem Kücken liegend alle
viere bequem von sich zu strecken, und stürzen sich dann wieder kopfüber
in die Flut. Oberhalb ihres Reiches dehnt sich ein kleines Hochland, auf
dem sich eine Kentierherde gegen den Himmel abzeichnet.
Der Glanzpunkt des hagenbeckschen Tierparks ist die Löwenschlucht.
Ruf drei Seiten umrahmen sie steile Felswände mit Grotten und Fels¬
zacken. Ruf der vierten, nach dem Beschauer hin, ist sie offen, und hier
stehen wir nun, nur wenige Meter entfernt, zwölf großen Löwen Buge
in Buge gegenüber, ohne auch nur ein Stacheldrahtnetz zwischen uns und
ihnen zu haben! Das ist ja furchtbar gefährlich, denkt man wohl?
Durchaus nicht! Die Tiere können uns nichts anhaben, auch wenn sie
es gerne möchten. Dann sind sie wohl angebunden? Ruch das nicht!
Sie sind frei. Einige von ihnen liegen ausgestreckt auf der Seite und
schlafen, andere starren sitzend auf den park hinaus und träumen vom
Sudans zwei springen mit weichen, gelenkigen Bewegungen die Felsen¬
absätze hinauf,' zwei mähnenlose Löwen aus Gstafrika betrachten einander