Zeit der Soldatenkaiser 193—284. 93
Zeit der Soldatenkaiser 193—284.
Marc Aurel war der letzte tüchtige Kaiser, der unter Achtung
der allerdings wertlos gewordenen republikanischen Formen regierte.
Nach der Ermordung seines entarteten Sohnes Commodns entschieden
nicht mehr der Senat oder der alternde Kaiser, sondern vornehmlich
die Prätorianer oder ein siegreiches Heer über die Besetzung des
Kaiserthrones. Man nennt daher die Kaiser des dritten Jahrhunderts
Soldateukaiser. Nachdem schon in der vorigen Periode der Spanier
Trajan znr höchsten Würde gelangt war, wurden jetzt in buntem
Wechsel Provinzialen aus allen Gegenden des großen Weltreiches
von den Truppen erhoben: Der erste dieser sog. Soldatenkaiser, der
es zu Bedeutung brachte, war der in Afrika geborene Septimins
Severus, dessen Triumphbogen (zum Andenken an seine parthischen
Siege) noch auf dem Forum steht. Ihm folgte sein despotischer,
grausamer und habgieriger Sohn Caracalla, der wie die meisten
Soldatenkaiser durch Mord endete. Bei solchen Zuständen im Innern
wurdeu die Grenzen des Reiches ans immer furchtbarere Weise von
den Germanen angegriffen, von denen die Alamannen gegen die
Zehentlünder und den Oberrhein, die Markomannen gegen Noricum,
die Goteu gegen Dacien und die untere Donau drängten. In dieser
Zeit ärgster Verwirrung wurden von den Legionen allmählich 19
Kaiser gegen einander erhoben, die man in Erinnerung an die
athenische Geschichte „die 30 Tyrannen" nannte. Aus diesem Zu¬
stand höchster Zerrüttung rettete das Reich der tapfere Aurelian Aurelian
(270—275), der, in Pannonien von niederen Eltern geboren, von um 272.
nuten auf im Heere gedient hatte uud von den Legionen zum Kaiser
ausgerufen wurde. Er schaffte dem schwer bedrängten Reiche zu¬
nächst vor dem Ansturm der Goten wenigstens zeitweise Ruhe, in¬
dem er diesen Dacien überließ und so die untere Donau wieder zur
Grenze machte. Dann schlug er die bis nach Italien vorgedrungenen
Alamannen zurück und befestigte Rom mit einer Mauer, die noch
vorhanden ist. Endlich stellte er die Einheit des Reiches wieder her.
Er besiegte 272 Zenobia, die zu Palmyra in Syrien ein eigenes
Königreich behaupten wollte, nahm sie gefangen uud zerstörte das
aufständische Palmyra (273). Wie Aurelian, der gerade hundert
Jahre nach dem trefflichen Marc Anrel lebte, hiedurch die Los¬
lösung des Orients verhindert hatte, vereinigte er anch den
Westen wieder, indem er einen Usurpator (Tetricns) in Gallien
zur Abdankung brachte. Daher wird Kaiser Aurelian mit Recht
der Wiederhersteller des römischen Weltreiches genannt. Aber auch
er fiel durch Mord, worauf die Einfülle der Barbaren von neuem DieAlamannen
begannen und die Alamannen die Zehentländer auf die Dauer an nehmen den
sich rissen. Bald daraus wurde von den Legionen in Kleinasien Grenzwall m
Diocleticm zum Kaiser ausgerufen, welcher der Militärherrschaft ein land nm 282.
Ende machte und den Grund zu einer neuen Form des Kaisertums legte.