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Da berief Nobel, der König, die Großen seines Landes allzumal,
um mit großen Ehren Hof zu halten. Alle erschienen bis auf
Reineke den Fuchs, der sich wegen seiner Übeltaten bei Hofe nicht
sehen zu lassen wagte. Gegen ihn erhuben alle laute Klage, zumal
Isegrim der Wolf, und niemand mochte sich des arg Bescholtenen
annehmen; nur Grimbart, der Dachs, verteidigte ihn. Seitdem
der König Landfrieden geboten habe, führte er aus, lebe Reineke,
jede Fahrt und jeden Streit vermeidend, einem Klausner gleich
auf seinem Schlosse Malepartus, mager und bleich, und tue Buße
für seine Sünden. Reineke sei ein ehrenwerter Mann und scheue
das Unrecht, obwohl er durch Isegrims Ränke und Bosheit viel
Leid habe erfahren müssen. Noch sprach Grimbart, Reinekes
Bruderkind, als Henning der Hahn zu Hofe gefahren kam, auf
einer Totenbahre den Leichnam seiner Tochter Kratzefuß bringend.
Im Klausnergewand war Reineke zu dem Klosterhof gekommen,
auf welchem Henning mit den Seinigen wohnte, und hatte ihn
durch die Meldung, daß der König Landfrieden geboten habe, ins
Freie gelockt. Nachdem er ihm dann das beste seiner Kinder ge¬
raubt, war er in der Folge noch öfter zurückgekehrt und hatte
nach und nach fünfzehn von Hennings Söhnen und Töchtern
erwürgt, zuletzt seine Lieblingstochter Kratzefuß, deren Leichnam
die Hunde des Klosterhofes mit vieler Mühe dem Räuber abgejagt
hatten. Da ergrimmte der König über die Maßen und beschloß,
Reineke vor sein Gericht zu laden. Braun der Bär sollte ihm
die Botschaft bringen. „Seid aber klug und weise," mahnte der
König. „Denn Reineke ist voller Falschheit und an Ränken reich.
Hütet Euch vor seiner List! An Versuchen, Euch zu belügen und
zu betrügen, wird es gewiß nicht fehlen."
2. Aber frei von Furcht und Sorge machte Braun sich auf
den Weg. Als er vor Reinekes Burg ankam, fand er die Pforte
verschlossen. Da rief er mit lauter Stimme: „Öffnet, Ohm! Ich
komme als Königsbote, Euch vor Gericht zu laden wegen der
vielen Klagen, die gegen Euch vorgebracht sind. Folgt Ihr mir
nicht, so geht es Euch ans Leben, und Euer warten Galgen und
Rad. Drum rat' ich Euch, mit mir zu kommen." Als Reineke
diese Worte vernahm, traute er Braun nicht sofort und fürchtete
einen Hinterhalt. Sobald er aber merkte, daß Braun allein sei,
ging er hinaus und hieß ihn willkommen. „Habt Dank," sprach