Tarquinius Superbus, 534 510 v. Chr.
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aber mussten vom Volke verrichtet werden; welches sich den Dienst
für das Heiligthum des Jupiter noch eher gefallen liess, dafür
aber die viel beschwerlichere und zu profanen Zwecken dienende
Frohnarbeit an den Cloaken um so bitterer empfand.
Bei dem Beginn des Tempelbaus ereigneten sich zwei Wunder,
welche beide auf die künftige Grösse und Weltherrschaft Roms
gedeutet wurden. Als des Tempels des Jupiter wegen mehrere
kleinere Heiligthümer versetzt werden sollten, gaben die Götter
durch die Auspicien im Uebrigen ihre Zustimmung, verweigerten
sie aber in Bezug auf das Heiligthum des Grenzgottes (Terminus)
zum Zeichen, dass die Grenzen des römischen Reichs nie zurück¬
weichen sollten, und als der Grund gegraben wurde, stiess man
auf ein wohl erhaltenes menschliches Haupt, welches von den
Wahrsagern und Priestern als ein Symbol gedeutet wurde, dass
Rom dazu bestimmt sei, das Haupt des Erdkreises zu werden.
Noch verdient eine wenigstens meistentheils an seine Re¬
gierung geknüpfte Sage erwähnt zu werden. Es wird erzählt, es
sei ein fremdes Weib zu dem Könige gekommen und habe ihm
9 Bücher sibyllinischer Weissagungen zum Verkauf angeboten.
Als der König den Kauf abgelehnt, habe das Weib 3 der Bücher
verbrannt und ihm dann die übrigen 6 Bücher nochmals zu dem¬
selben Preise angeboten, und auf nochmalige Ablehnung des
Königs habe das Weib wiederum 3 Bücher verbrannt und das
Anerbieten zu demselben Preise für die 3 Bücher wiederholt. Da
sei der König aufmerksam geworden, habe die Bücher gekauft
und sie zwei Männern zur Aufbewahrung und vorkommenden
Falls zur Befragung übergeben. Sie wurden seitdem sorgfältig
gehütet und in Zeiten besonderer Bedrängniss von den allmählich
bis zu 15 vermehrten Hütern eingesehen, um den Willen der
Götter daraus zu entnehmen.
Dies ist das Hauptsächlichste, was aus der Geschichte der
24jährigen Regierung des Tarquinius Superbus berichtet wird.
Vornehme und Geringe, die ersteren, soweit sie nicht selbst an
dem Genuss der Willkürherrschaft Theil hatten, empfanden den
Druck der Tyrannei bitter genug. Indessen bedurfte es noch eines
besondern schweren Frevels aus der Mitte der königlichen Familie,
um den Entschluss und die Einigung zum Sturz derselben herbei¬
zuführen. Die Götter schickten dem Könige vorher ein Anzeichen