Trajan.
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dass der immer mehr überhand nehmenden Entvölkerung Italiens
durch Erleichterung des Unterhalts der Kinder abgeholfen und
damit das Material für die Heere vermehrt werden sollte, an
dem aber jedenfalls auch dem Wohlthätigkeitssinn des Stifters
und wohl auch der Zeit überhaupt ein nicht allzugeringer Antheil
einzuräumen ist. Er schenkte nämlich einer grossen Anzahl von
Stadtgemeinden nicht unbedeutende Capitalien (die im Verlauf
der Zeit auch durch Beiträge von Privaten erhöht wurden) mit
der Weisung, dieselben auf sichere Grundstücke auszuleihen und
von dem Zinsertrag zur Erziehung armer Kinder, der Knaben
bis zum 18., der Mädchen (die jedoch in viel geringerem Maasse
berücksichtigt wurden) bis zum 14. Lebensjahre, Unterstützungen
zu gewähren, die in einem der uns urkundlich bekannten Fälle
in je 16 Sestertien monatlich für die Knaben und in je 12 für
die Mädchen bestanden, und um das Institut zu sichern und
möglichst wirksam zu machen, setzte er an den einzelnen Orten
Beamte und in Rom eine Oberbehörde ein, die die Ausführung
zu leiten und zu controlieren hatten. Ausser diesem, auch von
den nächsten Nachfolgern Trajans erhaltenen Institut ist uns
zwar von einzelnen Regierungshandlungen von Bedeutung aus der
späteren Zeit nichts überliefert. Im Allgemeinen aber ersehen
wir aus dem Briefwechsel, der in den J. 111 bis 113 zwischen
Trajan und dem jüngern Plinius, als dieser Statthalter von Bithy-
nien war, geführt wurde, mit vollkommener Deutlichkeit, wie
umfassend und eingehend seine Fürsorge für die Provinzen war,
wie er auf alle Anfragen des Statthalters über verhältnismässig
unbedeutende Dinge, wie über die Anlegung von Wasserleitungen
oder von Bädern, über den Bau von Theatern, über das Rech¬
nungswesen der Städte, über die Behandlung einzelner Individuen
selbst aus dem Sclavenstande, überall klaren und bestimmten
Bescheid zu geben wusste, und wie billig und gerecht, wie ein¬
sichtig und wohlwollend überhaupt die ganze Regierungsweise
des Kaisers war. Wenn hiervon die Behandlung der Christen
eine Ausnahme zu machen scheint, gegen die er die Strenge der
bestehenden Gesetze angewendet wissen will, so dürfen wir, um
nicht unbillig zu urtheilen, nicht unterlassen, uns auf seinen
Standpunkt zu versetzen, von dem aus er die Christen als Mit¬
glieder einer geheimen, gegen den Staat feindlich gesinnten
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