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Allen Bildhauern steht voran Pheidias, der nicht nur den
Giebel und Fries des Parthenon mit seinen Figuren zierte, son¬
dern auch die Bildsäulen der Athene und des olympischen Zeus
schuf. Von anderen Namen nennen wir Polykleitos und Praxiteles.
Als ältestes erwähnenswerthes Gemälde ist anzuführen die
Marathonschlacht von Polygnot, dem Zeitgenossen des Aeschylos
und Kimon, in der Stoa Poikile d. i. der bunten Halle zu
Athen. Zenxis und Parrhasios wandten in ihren Werken
zuerst Licht und Schatten an, von Apelles ließ der große
Alexander sich malen.
§ 23. Rückblick.
Bis zum Jahre 300 v. CH. ist der Schauplatz der Weltgeschichte,
wenn wir von Karthago und Sizilien absehen, die nur vorübergehend
in Betracht kommen, der Osten, uni) zwar bis ungefähr 500 v. CH. fast
ausschließlich Aegypten und der asiatische Orient. Um das letztgenannte
Jahr war die gewaltige Ländermasse von der Wüste Sahara und dem
Ostrande des Mittelmeers bis zu den hochasiatischen Bergketten in
der Hand eines Herrschers, des Großkönigs von Persien, unb wir konnten
mit Recht sein Reich als bas erste Weltreich bezeichnen. Europa im
großen Ganzen war um biese Zeit noch nicht aus betn Dunkel hervor¬
getreten , selbst Griechenland beffen Sage weit hinaufreicht, hatte noch
keine geschichtliche Bebentung. Aber seit 500 änbert sich die ganze Lage
wie mit einem Schlage. Seit dem ersten Zusammenstoß zwischen der
asiatischen und der kleinen griechischen Welt sind wir gezwungen unsere
Aufmerksamkeit unverwandt auf ein Fleckchen Land zu richten, das dem
östlichen Kolosse gegenüber fast zu einer Nußschale zusammenschrumpft.
Den Grund dieser rätselhaften Erscheinung suchen wir vergebens blos
in der geographischen Lage und dem Klima beider Ländercomplexe,
obgleich auch diese wesentlichen Einfluß gehabt haßen. Auch darin, baß
bie Griechen eines Stammes, die persischen Asiaten und Afrikaner da¬
gegen Angehörige verschiedener Stämme waren, kann die Erklärung nicht
vorzugsweise beruhen. Weit mehr kommt die individuelle Geltung des
Menschen auf der westlichen Seite des ägäischen Meers in Betracht.
Hier herrscht persönliche Freiheit, dort ist der Wille der Gesammtheit
und der Einzelnen unterdrückt und ließ sich leicht unterdrücken. Beim
Griechen kommt die Persönlichkeit zur Geltung, beim Asiaten ver¬
schwindet sie in der Masse. Daher spricht man auch in Griechenland
von Verfassungen, denen Städte und Landschaften sich willig fügen; in
Asien sind alle Sklaven; selbst dort, wo sogenannte Republiken bestehen,