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zur Frau, sondern machte ihn auch zu seinem Teilhaber. Nach dem Frie¬
densschluß von Preßburg (1805) war das deutsche Reich in allen Fugen
erschüttert, und bald trat an seine Stelle, wie wir hörten, der Rhein¬
bund. Die französischen Heere sogen Deutschlands Länder aus, die Mar-
schälle Napoleons, zum Teil schmutzige, geldgierige Persönlichkeiten, er¬
preßten sich Schätze aus dem, was der deutsche Fleiß erworben, und
französische Spione, unter dem Namen von Reisenden, Tanzmeistern
und Sprachlehrern, forschten nach der Gesinnung des gedrückten Volkes.
In dieser Zeit, Frühjahr 1806, erschien eine Druckschrift: „Deutsch¬
land in seiner -tiefsten Erniedrigung". Die Schrift trug weder den
Namen des Verfassers, noch den des Verlegers; allein wir wissen jetzt
bestimmt, daß Palm der Verleger war. In derselben war Napo¬
leons Herrschsucht, das Betragen seiner Armee in Bayern und der
Bund der deutschen Fürsten mit ihm scharf besprochen und getadelt.
Einige französische Offiziere, die bei dem Pfarrer Sonnenmeyer in
Mettingen, in der Nähe von Nördlingen, einquartiert waren , und
von denen einer deutsch zu lesen verstand, hatten die Schrift im
Zimmer ihres Hauswirts gefunden und davon Anzeige gemacht. _ Die
Untersuchung stellte bald fest, daß die Schrift durch die Stein'sche
Buchhandlung (Palm) nach Augsburg verschickt worden war. Eine
strenge Haussuchung, die in der Stein'schen Handlung vorgenommen
wurde, hatte jedoch keinen Erfolg; es konnte nichts gefunden werden.
Im August erließ Napoleon an Marschall Berthier, seinen Stellver¬
treter in Deutschland, einen Befehl, in dem es heißt: „Mein Vetter!
Ich denke, daß Sie die Buchhändler von Augsburg und Nürnberg
haben verhaften lassen. Es ist mein Wille, daß sie vor ein Kriegs¬
gericht gezogen und in 24 Stunden erschossen werden. Sie werden
die Verbrecher mitten in eine Division bringen lassen und sieben
Oberste ernennen, um sie zu richten. Sie werden das Urteil in ganz
Deutschland verbreiten lassen rc. rc."
Palm hatte sich längere Zeit auswärts aufgehalten. In dem
Glauben, daß ihm nichts bewiesen werden könne, reiste er nach Hause,
hielt sich aber verborgen. Mehrmals hatten die Franzosen anfragen
lassen, ob Palm zu Hause sei, und als dies stets verneint wurde,
griffen sie zu einem elenden Mittel. Es erschien in der Buchhand¬
lung ein zerlumpt gekleideter Junge, wies ein von mehreren ange¬
sehen Bürgern Nürnbergs unterzeichnetes Attest vor und bettelte
darauf um Unterstützung für seine Mutter, angeblich eine arme Sol¬
datenwitwe. Zugleich bat er, den Herrn Palm persönlich sprechen
zu dürfen. Der Gehilfe trug das Attest zu Palm; dieser ließ den
Jungen arglos vor sich kommen und teilte ihm eine Gabe mit.
Kaum hatte sich der Betteljunge entfernt, so erschienen zwei Gen¬
darmen und verhafteten Palm. Nach wenigen Tagen brachte man