Full text: Bilder aus der vaterländischen Geschichte für hessische Schulen

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Immer kühner wurden seine Pläne auf Weltherrschaft. Frank¬ 
reich behandelte er wie einen Lehensstaat; aufCastilien richtete er sein 
Auge, und von Konstantinopel forderte er Teile von Epirus und 
Macedonien zurück. Der Tod durchschnitt seine Pläne. 
Er starb (1197), 32 Jahre alt, zu Messina und liegt in Palermo 
begraben. 
36. Hermann I., Landgraf?n Thüringen und Hessen. 
(1190-1216.) 
Hermann I. war der Sohn des Landgrafen Ludwig des Eiser¬ 
nen, seine Mutter Juta war die Schwester von Friedrich Barbarossa. 
Er zeichnete sich durch ungewöhnliche Bildung, die er sich auf der Uni¬ 
versität zu Paris erworben, sowie durch große Frömmigkeit aus. Nie 
legte er sich zu Bette, ohne daß er sich erst einige Abschnitte aus einem 
Erbauungsbuche hatte vorlesen lassen. Er sammelte die Thaten der 
Vorfahren und ließ sie von Dichtern in Verse bringen. Von seiner 
Mutter Juta hatte er die Liebe zur Dichtkunst und zum Minnegesang 
geerbt. Als Pfleger und Förderer dieser Künste ist sein Name un¬ 
sterblich geworden und wird zu allen Zeiten genannt werden. Er 
umgab sich mit sechs Sängern, die ihn auf der Wartburg, wo er 
seinen Hof hielt, mit ihren Gesängen erfreuten. 
Diese Sänger sind: Heinrich von Veldeck, Wolfram von 
Eschenbach, Walter von der Vogelweide, Reinmar von Zweten, 
Johann Biterolf und Heinrich von Ofterdingen. 
Der Wettstreit der Sänger artete jedoch bald in glühenden Haß 
aus. Dieser Haß richtete sich besonders gegen Heinrich von Ofterdingen, 
weil er die andern im Gesang durch seine schönen Formen uud schnel¬ 
len Antworten überwandt. Sie kamen deshalb überein, daß der sein 
Leben verlieren solle, der in dem veranstalteten Wettgesange unter¬ 
liege. Man sang allgemein fließend und tadellos, und da sich nie¬ 
mand für besiegt hielt, so sollte der Streit durch Würfelspiel ent¬ 
schieden werden. Heinrich von Ofterdingen verlor, weil sich sein Geg¬ 
ner falscher Würfel bedient haben soll. Der Scharfrichter erschien, um 
das Urteil an Heinrich von Ofterdingen auszuführen. Der erschrockene 
Sänger flüchtete sich zur Landgräfin Sophie und suchte Schutz unter 
deren Mantel. Der Landgraf gab dem geüngstigten Sänger zur Bei¬ 
legung des Streites noch ein Jahr Zeit. Unterdessen erschien der 
Sänger und Schwarzkünstler Meister Klingsor aus Siebenbürgen, der 
durch seine Künste Heinrich von Ofterdingen rettete.
	        
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