152 Vom Großen Kurfürsten bis zum Tode Friedrichs des Großen.
das Anseben der mindermächtigen Staaten, welche früherhin zuweilen durch ihren
Zutritt zu einer Koalition den Ausschlag in einem großen Kriege gegeben hatten,
doch jetzt den schweren Anforderungen der neuen großartigen Kriegsweise nicht mehr
genügen konnten; die Staaten zweiten Ranges beschieden sich fortan, die Leitung der
europäischen Dinge den großen Kriegs- und Seemächten zu überlassen. Unter diesen
führenden Mächten aber waren zwei protestantisch, eine schismatisch, die Rückkehr
Europas unter die Herrschaft des gekrönten Priesters blieb nunmehr undenkbar. Die
Befestigung der protestantisch-deutschen Großmacht war die schwerste Niederlage,
welche der römische Stuhl seit dem Auftreten Martin Luthers erlitten; König
Friedrich hat wirklich, wie der englische Gesandte Mitchell von ihm sagte, für die
Freiheit des Menschengeschlechts gefachten." (Treitschke.)
VII. Die Zriedenstätigkeit Zriedrichs des Großen
entwickelte die absolutistische Staatsordnung Preußens zur größt¬
möglichen Vollkommenheit.
1. Das Ziel, das dem großen Kriegsfürsten nach seiner Rückkehr aus
dem Siebenjährigen Kriege für die Friedensarbeit seines Lebensabends unbewußt
vorschwebte, bestand darin, „aus Preußen den Musterstaat überhaupt zu
schaffen, wie er sich diesen als vollendetsten Ausdruck menschlichen Gemein¬
schaftslebens dachte. Und diese Aufgabe zu lösen, ist ihm im Bereiche seines
Vermögens und seiner Zeit in der Tat gelungen: als höchstes Erzeugnis
der Regierungskunst des aufgeklärten Absolutismus, das überhaupt iu die
geschichtliche Wirklichkeit getreten ist, hat er diesen preußischen Staat seinen
Nachfolgern hinterlassen". (Lamprecht.)
2. Die Organisation der Staatsverwaltung wurde nach dem
Grundsätze strengster Zentralisation weiter ausgebaut.
а. Der König vermehrte die Zahl der Realdepartements um zwei neue
Abteilungen (eine für Post-, Kommerzien- und Manufaktursachen, eine für die
Generalverwaltung und Servissachen).
I). 1748 erließ Friedrich eingehende Dienstinstruktionen für das General¬
direktorium und für dessen einzelne Abteilungen.
б. Indem sich der König für alle Maßregeln auch der innereu Politik
das Vorrecht selbsteigener Initiative bewahrte und alle wichtigeren Ent¬
scheidungen seinem Entschlüsse vorbehielt, gestaltete sich seine Herrschaft zu einer
Autokratie im höchsten und edelsten Sinne des Wortes.
Zur Vermittlung des Verkehrs zwischen dem Könige und den Staats¬
behörden diente das „Kabinett", zu Friedrichs Zeiten eine Art Sekretariat
von durchaus untergeordneter Bedeutung. Unter den schwächeren Nachfolgern
des großen Königs aber mußte diese Einrichtung eine ganz andere Stellung
gewinnen. „Die Kabinettsräte, Friedrichs des Großen Handlanger und Sekretäre,
machten sich zu Vormündern seiner schwachen Nachfolger", und so wurde das
Kabinett ein schädigender Fremdkörper in der Organisation des Staates, dessen
Einwirkung die Staatsverwaltung lähmte und in Unordnung brachte.
3. Die rastlose Aktivität des Königs spornte auch die Beamten des
Staates zu höchster Arbeitsleistung an.
Mit gleicher Strenge wie sein Vater wachte Friedrich der Große darüber,
daß jeder Diener des Staates die Pflichten seines Amtes mit peinlicher Ge¬
wissenhaftigkeit erfüllte; aber wenn er einerseits mancherlei Übelstände abstellte
(Zahlungen in die Rekrutenkasse, erhöhte Anforderungen an die Vorbildung
der Beamten), so gab er andererseits durch die Bestimmung, daß die Söhne