Full text: Die Neuzeit (Band 3)

48 Zwingli und Calvin. 
zurückgekehrt, ließ er sogleich in einer Druckschrift die Gründe 
bekannt machen , welche ihn zu diesem Schritte bewogen hätten: 
»Ich, Martinus Luther, Doktor der heiligen Schrift, Augustiner 
zu Wittenberg, füge männiglich zn wissen, daß durch meinen 
Willen, Rat und Zuthat, auf Montag nach St. Nieolai (10. De- 
zember) im I520sten Jahre verbrannt sind die Bücher des Pap¬ 
stes von Rom und etlicher feiner Jünger." Damit hatte Lnther 
aufgehört, ein Glied der katholischen Kirche zu sein. 
5. Zwingli und Calvin. 
,Fast zu gleicher Zeit mit Luther stand auch in der Schweiz 
Ulrich Zwingli, Pfarrer in Zürich, ein frivoler, ungläubiger 
und durch seinen Lebenswandel Ärgernis gebender Mann, als 
sogenannter Reformator auf, welcher in der Folge der Stifter 
der sogenannten reformierten Kirche wurde. Er begann 
im Jahre 1519 zuerst wider die Mißbrauche des Ablasses zu 
predigen und griff dann eine Lehre der katholischen Kirche nach 
der andern an. In den meisten Punkten war er mit Luther 
einverstanden; beide erklärten die heilige Schrift für die einzige 
Quelle des Glaubens, die für jeden klar sei. Diese Klarheit 
konnte jedoch nicht hindern, daß Luther und Zwingli aus den 
einfachen Worten Christi beim letzten Abendmahl: „Das ist 
mein Leib!" eine ganz verschiedene Anficht vom heiligen 
Abendmahle sich bildeten. Luther behauptete die wirkliche Gegen¬ 
wart Christi im Brode. Zwingli dagegen leugnete diese und 
wollte das Brod nur als bildliches Zeichen zur Erinnerung au 
den Tod Christi gelten lassen. Hierüber entspann sich ein' wü¬ 
tender Streit zwischen den beiden Reformatoren und ihren An¬ 
hängern, und beide Parteien trennten sich völlig. 
Den von Zwingli angebahnten Weg verfolgte Calvin, geb. 
1509 zu Noyou in Frankreich. Seine Jugendzeit verlebte er in 
feinem Vaterlande, wo er abwechselnd der Theologie und der 
Rechtswissenschaft oblag. Mancherlei Verbindungen, die er dort 
mit den Freunden der deutschen Reformation anknüpfte, entschie¬ 
den seine Glaubensrichtung. Sobald er aber mit dieser hervor¬ 
trat , mußte er das Land verlassen. Er begab sich nach der 
Schweiz und machte zuletzt Gens zum Mittelpunkte seiner Be¬ 
strebungen. Als Prediger und Lehrer der Theologie gründete 
er hier ein neues Lehrgebäude, welches in mehreren Punkten 
von dem System Luthers sowohl als auch Zwinglis abwich. 
Je höher sein Ansehen stieg, desto gröber wurde auch feine Un¬ 
duldsamkeit gegen alle, die sich nicht zu seiner Lehre bekennen
	        
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