Full text: Die Neuzeit (Band 3)

Sein Tod. " 
zeiten sein eigenes Leichenbegängnis veranstalten, und sich im 
Sarge in die Kirche tragen, um dem Totenamte für die Ruhe 
seiner Seele anzuwohnen. Aber die Feierlichkeit erschütterte ihn 
so, daß er in ein Fieber fiel, welchem er nach einigen Wochen 
in seinem 58. Lebensjahre erlag (am 21. September 1558). 
Dieser Kaiser übertraf unstreitig au Weltkenntnis und Klug¬ 
heit alle seine Zeitgenossen. Denn er wußte nicht nur sich selbst 
überall zurecht zu finden, sondern auch mit seinem Scharfsinne 
die Talente ausfindig zu machen und an den rechten Platz 
zu stellen. Selbst vielseitig gebildet, wußte er wohl die Vorteile 
der Wissenschaft zu schätzen, und erwarb sich das Verdienst, Be¬ 
schützer der Künste und Wissenschaften zu seiu. Auch in seinem 
Äußern zeigte er edlen Austand und große Geschmeidigkeit; nur 
war er sehr wortkarg und verschlossen und selten sah man ein 
Lächeln über sein ruhig stolzes, blasses Antlitz hinziehen. Er 
war Herr seiner Leidenschaften, und alles, was er that, erscheint 
als die Wirkung kalter Überlegung. In Betreff der religiösen 
Angelegenheit hat man ihm Mangel an Energie und an gutem 
Willen vorgeworfen, da er bei der Macht, welche er besaß, wohl 
imstande gewesen wäre, den Triumph der seine Zeit bewegenden 
Ideen zu bewirken, wenn er sich an die Spitze derselben gestellt 
hätte. Daß dieser Vorwurf ein parteiischer ist, ergiebt sich aus 
der bisherigen Darstellung der Geschichte dieses Kaisers. Wir 
haben gesehen, daß der Hauptgedanke, an welchem er unerschüt¬ 
terlich fest hielt, und zu deren Verwirklichung er große Kraft be¬ 
thätigte, die politisch-religiöse Einheit der abendländischen Chri¬ 
stenheit war, deren Aufrechthaltung er für feine durch Religion 
und Politik gebotene Pflicht hielt. Daß er aber nicht gleich mit 
dem Schwerte drein schlug, sondern es vorzog, die Religionsan¬ 
gelegenheiten auf friedlichem Wege durch eine Kirchenversammlung 
wo möglich zu begleichen, beweist jedenfalls seinen guten Willen, 
der um so mehr anzuerkennen ist, als ihn der Papst Paul III. 
aus unbegründeter Furcht vor einem aus der wachsenden Größe 
des Kaisertums drohenden Kampfe mit dem Papsttum nicht immer 
gehörig unterstützte. Daß aber Karl trotz des Glücks seiner 
Waffen, zu denen er endlich greifen mußte, eine große Mäßigung 
bewies, rühmt selbst Melanchthon an ihm.
	        
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