Leopold, König der Belgier. bö
bruar eine neue Verfassung entworfen unb war bann zur Wahl
eines Königs geschritten. Anfangs hatte man bie Augen auf
ben Herzog von Leuchtenberg, ben Sohn Eugen Beau¬
harnais' , bes früheren Vicekönigs von Italien, gerichtet; allein
bie Erwägung, baß Frankreich bie Wahl eines Napoleoniben
nicht zugeben werbe, bewog ben Kongreß, von berselben Abstanb
zu nehmen unb bagegen ben Herzog von Nemours, ben
zweiten Sohn Louis Philipps, als Thronkanbibaten aufzustellen.
Dieser würbe in ber That am 3. Februar zum Könige gewählt.
Louis Philipp lehnte jeboch bie Wahl im Namen feines Sohnes
ab, weil er wohl wußte, baß bie Großmächte nicht auf biefelfte
eingehen würben, unb er sich nicht ber Gefahr eine» Krieges mit
benfetben ausfegen wollte. Nun fiel bie Wahl auf ben Prinzen
Leopolb von Sach sen-Koburg, ber kurz vorher bie
griechische Krone ausgeschlagen hatte. Dieser nahm bie Wahl
an, hielt am 21. Juli seinen feierlichen Einzug in Brüssel unb
beschwor unter freiem Himmel in Gegenwart einer unermeßlichen
Volksmenge bie Verfassung.
Aber König Wilhelms I. Unbeugsamkeit war noch nicht ge¬
brochen. Im August 1831 rückten 70,000 Mann Hollänber in
Belgien ein, siegten Bei Hasselt, Tirl emont unb Löwen
unb hätten ben Bestaub bes neuen Königreichs gesährbet, wenn
nicht auf Leopolbs Hilferuf unb mit Englanbs Zustimmung ein
starkes franzöfifches Heer eingerückt wäre unb bie Hollänber über
bie Grenze zurückgeworfen hätte. Da König Wilhelm I. der
Lonboner Konferenz fortwährenb feine Zustimmung verweigerte,
so schloß ber König ber Belgier s mit Englanb unb Ludwig
Philipp, bem König ber Franzosen, mit bessert Tochter Louise
sich Leopolb vermählt hatte, ein Bünbnis, bem zufolge abermals
ein franzöfifches Heer einrückte unb bie (Eitabelle von Antwerpen
belagerte (November 1832). Nachdem sich ber tapfere Chaffo
über einen Monat lang üerteibigt hatte, übergab er am 23. De¬
zember bie Eitabelle. Chasse unb seine Besatzung würben als
Kriegsgefangene nach Frankreich geführt, bafelbst aber mit gro¬
ßer Auszeichnung behanbelt. Doch Wilhelms Hartnäckigkeit war
noch nicht überwunden; erst als eine sranzösisch-englische Flotte
bie hollänbischen Küsten blockierte, unb infolge bes großen
Schabens, ben bie Blockabe bem hollänbischen Hanbel zufügte,
auch bie Generalstaaten in ben König brangen, gab biefer end-
lich nach unb nahm bie Beschlüsse ber Snnboner Konferenz an
1) Der König galt nicht als Herr alles Grundes und Bodens, son¬
dern nur als erbliches Oberhaupt der Nation und führte daher nicht
den Titel: „König von Belgien/' sondern „König der Belgier."
Ho ff mann, Weltgeschichte rc. IV. 5