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traten wohl auch die Ritter scharenweise gegeneinander auf.
Dann folgte vielfach ein Schwertkamps zu Fuß oder zu Roß. Oft
fand am Schlüsse auch ein Gesellenstechen zwischen den Knappen
statt. Nach Beendigung der Kampfspiele wurden Preise verteilt,
welche die Sieger in Gestalt eines kostbaren Helmes, Schwertes,
einer goldenen Kette oder wertvoller Sporen oder Ringe aus der
Hand der edlen Damen empfingen. Festmahl und Festball, wobei
die Sieger Ehrenplätze und Vortritt einnahmen, schlossen die oft
mehrere Tage währende Feier. —
Die Turniere waren ein edles, aber auch gefährliches Ver¬
gnügen, und mancher Ritter fand dabei seinen Tod. Auch wurden
in spaterer Zeit die Kampfspiele von sehr vielen, die für ihren Haß
Befriedigung suchten, zum ernsten Kampfe mit blutigem Ausgange
gemacht. So kamen auf einem Turniere zu Magdeburg 16 Ritter,
auf einem zu Darmstadt 26 und auf einem solchen zu Neuß bei
Köln gar 60 Ritter ums Leben. Auch in anderer Beziehung ent¬
arteten die Turniere. So verteilte einst ein Graf 100000 Gold¬
stücke als Preis an 100 Ritter; ein anderer ließ den Turnierplatz
umpflügen und 3000 Silberlinge hineinsäen. Markgraf Heinrich
der Erlauchte von Meißen ließ auf dem Kampfplatz einen silbernen
Baum mit goldenen und silbernen Blättern errichten, und derjenige
Ritter, der feinen Gegner aus dem Sattel hob, erhielt ein goldenes,
der, an dessen Panzer des Gegners Lanze zersplitterte, erhielt
ein silbernes Blatt. Manche Turniere dauerten tage-, ja wochen¬
lang. Infolge der dabei vorkommenden Unglücksfälle und der
dabei immer mehr zunehmenden Prachtentfaltung eiferte die Geist¬
lichkeit gegen diese Kampfspiele, und ein Papst (Jnnocenz ü.)
verbot sogar das ehrenvolle Begräbnis der in einem Turnier ge¬
fallenen Ritter. —
Blütezeit des Rittertums. Die geistlichen Ritterorden. —
Zur Zeit der Kreuzzüge und infolge derselben erreichte das Ritter¬
tum seine höchste Blüte; denn in diesen Zügen, bei welchen alle
germanischen und romanischen Völker zusammentrafen, lernten sich
die Ritter, welche den Kern des Heeres bildeten, als ein durch be¬
sondere Eigentümlichkeiten und Rechte zusammenhängendes und
gleichgestelltes, über alle abendländischen Reiche ausgedehntes Adels¬
volk im Gegensatz zu andern Ständen fühlen. Es bildeten sich
ritterliche Geschlechter, die neben ihren Vornamen auch noch den
ihrer Burg annahmen (z. B. Rudolf von Habsburg); viele
Namen unserer adligen Familien sind so entstanden. Diese Ge¬
schlechter begannen feste, forterbende Abzeichen, Wappen, auf Schild
und Helm zu führen.