Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Deutschen Geschichte

164 Sechster Zeitraum. Vom Beginn d. Reformation bis zum Westfälischen Frieden. 
Nach seiner Abdankung zog sich der Kaiser in eine einsame Wohnung 
bei dem spanischen Kloster San Yuste zurück (1556). Hier verbrachte 
er den Rest seiner Tage. Man erzählte sich, daß er Mönch geworden sei 
und vor seinem Ableben sein Leichenbegängnis veranstaltet habe1. Er starb 
im Jahre 1558. 
3. Aerdirrand I. (1556—1564) und Marimikian II. (1564—1576). 
a) Tie Ausbreitung der Reformation auf ihrem Höhepunkte. 
Ferdinand I., der erst zwei Jahre nach der Abdankung seines Bruders 
in aller Form zum Kaiser gewählt wurde, war gegen die Protestanten 
sehr nachgiebig und duldsam. Sein Sohn Maximilian II. neigte so 
sehr zum Protestantismus, daß man täglich seinen Übertritt erwartete. 
Daher machte die Ausbreitung der Reformation in dieser Zeit große Fort¬ 
schritte. Um das Jahr 1570 erreichte sie ihren Höhepunkt. 
Keine deutsche Landschaft hatte mehr eine rein katholische Bevölkerung; 
der Norden war fast ganz, der Süden zu einem großen Teile pro¬ 
testantisch. Man berechnete, daß sieben Zehntel aller Deutschen 
lutherisch seien2. 
Aber gerade um diese Zeit begannen sich auch die Hemmungen 
deutlich bemerkbar zu machen, die teils im Protestantismus selbst lagen, 
teils von der neuerstarkenden katholischen Kirche ausgingen. 
b) Das Eindringen des Calvinismus in Deutschland und die 
religiösen Zwistigkeiten der Protestanten. Wie Zwingli in der deutschen, 
so trat etwas später der Franzose Johann Calvin in der französischen 
Schweiz als Reformator auf. Durch ihn erhielt Genf, wo er haupt¬ 
sächlich lehrte (seit 1536), eine ähnliche Bedeutung für die Reformierten 
wie Wittenberg für die Lutheraner. Seine Lehre wich namentlich in der 
Auffassung des Abendmahls von allen andern Bekenntnissen ab. 
Wie Zwingli, forderte Calvin schmucklose Einfachheit der Kirchen und 
des Gottesdienstes; in der Kirchenzucht war er .streng bis zur Grau¬ 
samkeit. 
Der Calvinismus verbreitete sich vor allem in der Schweiz, in den 
westeuropäischen Ländern (Frankreich, den nördlichen Niederlanden, 
England, Schottland) und in den Rheinlanden. Sein Eindringen in 
Deutschland vermehrte noch die Spaltung unter den dortigen Protestanten, 
1 Vgl. Platens Gedicht „Der Pilgrim vor St. Inst". 
2 Im Deutschen Reich beträgt gegenwärtig die Zahl der Protestanten etwas 
mehr als 6/,0 der Gesamtbevölkerung. Mit Einrechnung der Deutsch-Österreicher 
stellt sich das Verhältnis der katholischen zu den protestantischen Deutschen wie 7 : 8.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.