22 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte.
und versüenet allez daz, da von vientschaft unde kriec kümet, unde urliuge
unde brant und ungenade von körnen mac.
Rudolf bekannte sich zu diesem königlichen Berufe. Aber wie weit
war er anfangs davon entfernt, Landfrieden für das ganze Reich aufrichten
zu können, wie es noch im Jahre 1235 Friedrich II. in seiner berühmten
Konstitution gethan hatte! Diese Konstitution schien vergessen; hinweg über
sie hatten sich in den bessern Zeiten der fünfziger und sechziger Jahre des
13. Jahrhunderts partikulare Frieden einzelner Landschaften gelagert. Allein
auch diese waren mit dem letzten mittelrheinischen Landfrieden im Jahre 1280
im Begriff auszusterben: ein Chaos drohte hereinzubrechen.
Da entschloß sich Rudolf, jetzt eben Herr der eroberten österreichischen
Lande, zunächst in der Nachbarschaft seiner persönlichen Herrschaftsgebiete
einzugreifen. Er gab in den Jahren 1280 bis 1282 die Anregung zu
kleineren Landfrieden in Bayern, Franken und Schwaben. Er berief sich
dabei teilweise auf den allgemeinen Landfrieden Friedrichs II. vom Jahre
1235, aber sorgsam hielt er sich von organisatorischen Eingriffen in die
partikularen Landfriedensbehörden fern; erst im Dezember 1282 hat er bei
Stiftung eines weiteren, mittelrheinischen Landfriedens die Vollstreckungs¬
beamten, den Vogt und den Richter, von Reichs wegen ernannt. Zugleich
begann er in dem nun folgenden Jahrfünft die Landfrieden über größere
Gebiete zu erstrecken und für die Herstellung von praktischen Exekutions¬
ordnungen zu sorgen. Aber gerade bei dieser Thätigkeit erkannte er, daß
das Königtum noch viel zu schwach sei, um von sich aus die Strafvollstreckung
gegen Landfriedensbrecher voll in die Hand zu nehmen und darum auch zu
regeln. Er machte deshalb den Versuch, womöglich unter Umgehung der
Territorialgewalten eine Stärkung der königlichen Exekutive durch die Kirche
herbeizuführen. Auf dem Reichstag und Konzil zu Würzburg im Jahre
1274 wurde der Landfriede des Jahres 1235 für das ganze Reich erneuert;
seine Verächter sollte Reichsacht und Bann zugleich treffen. Es war ein
Gedanke, der durchführbar nur war bei rechter Einmütigkeit der kirchlichen und
weltlichen Gewalten und bei unverletztem moralischem Ansehen der Kirche.
Allein alsbald zeigte sich, daß diese letzte Vorbedingung fehlte. Schon auf
dem Konzil selbst wurde der päpstliche Legat Johannes von Tnseulum
von den empörten Teilnehmern der Versammlung beinahe seines Lebens
beraubt, als er unverschämte Geldfordernngen stellte; eiligst mußte er aus
der Stadt entweichen trotz königlichen Schutzes, und heimlich zog er von
Worms, wo er Unterschlupf gesunden, über Welschland wieder von bannen
gen Rom.
So blieb dem König nichts übrig, als den Versuch zu machen, selbst
wenigstens irgendwo im Reiche Verkünder und Vollstrecker des Landfriedens
zugleich zu sein. Er wählte hierzu das von fürstlichen Parteiungen zerrissene
und von adligen Räubern geplagte Thüringen. Nachdem ihm sein getreuer
Helfer, der Erzbischof Heinrich von Mainz, ein Bäckerssohn aus Jsny,
trefflich vorgearbeitet hatte, traf er Mitte Dezember 1289 in Erfurt ein,
und alsbald ließ er 29 adlige Räuber enthaupten. Dem Anfang entsprach
der Verlauf des Jahres, das Rudolf in Erfurt zubrachte; Dutzende von
Raubburgen wurden zertrümmert; Friede kam über das geknechtete Land,