26 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte.
Kaiser Friedrichs II., und bat, der Gewalt jener Grafen entzogen und reichs-
frei zu werden. Was jener gestattete, um einen Anhang gegen den eigenen
Vater zu gewinnen, bestätigte dieser nicht nur Uri, sondern auch Schwyz
1240, um Hilfe zur Bekämpfung jenes und des Papstes zu bekommen.
Die Leute von Sarnen machten sich von selbst frei, und vergebens suchte der
Papst auf Bitten der Habsburger sie wieder unter das alte Joch zu zwingen:
sie blieben reichsfrei d. h. sie standen unmittelbar unter dem Könige und
dursten sich ihre Grafen selbst wählen. Als nun der mächtigste Habsburger
1273 König wurde, bestätigte er Uri zwar sein Privilegium und gestattete
ihm, den eigenen Landammann als königlichen Vogt anzunehmen, erklärte
aber Schwyz als seiner Familie unterthänig. Je milder seine Herrschaft ge¬
wesen war, um so mehr fürchtete man, daß sein Sohn Albrecht gewaltsam
verfahren werde; daher kam im August 1291 zwischen den Bewohnern der
drei Waldstätte ein Bund zu stände, in dem sie sich gelobten, einander
gegen jede Unbill beizustehen. Andererseits schlossen Uri und Schwyz wenige
Monate später auf drei Jahre einen ähnlichen Bund mit Zürich. Von jetzt
an mußten die Bewohner der Waldstätte, je nach den Verhältnissen, sich de¬
mütig fügen, aber sie suchten Freibriefe zu erlangen. Adolf von Nassau
gab Uri und Schwyz solche, als er zu dem Kampfe gegen Albrecht rüstete;
dieser verweigerte sie; doch ist von irgend einer grausamen oder auch
nur gewaltsamen Handhabung des Vogteirechtes in der Geschichte
nichts bekannt. Freilich bestätigte Heinrich VII., ehe er nach Italien zog,
jene früher gegebenen Freiheiten von neuem, und Unterwalden blieb eben¬
falls reichsfrei; aber schon auf dem Römerzuge gab er Leopold von Öster¬
reich, als dieser ihm das ihm zugefügte Unrecht klagte, die Zusage, daß er
nach der Heimkehr die Angelegenheit gründlich untersuchen und ihm zu seinem
Rechte verhelfen werde. Allein er kehrte nicht wieder, vielmehr gab der er¬
bitterte Kampf der Wittelsbacher mit den Habsburgern nach seinem Tode
den Schweizern Gelegenheit, sich im Bunde mit jenen ihre Freiheit durch
das Schwert zu sichern. Seitdem fehlte es nicht an Übergriffen auf beiden
Seiten und an jenem nachbarlichen Haß, der sich durch Jahrhunderte ver¬
erbt und ungefähr seit 1470 zu einer sagenhaften Entstellung der Thatsachen
geführt hat, die wegen ihres eigentümlich poetischen Reizes fast drei Jahr¬
hunderte lang für Geschichte gegolten hat und aus diesem Grunde selbst in
einer heutigen Weltgeschichte immer noch neben der nüchternen und weniger
anmutigen Wahrheit ihre Stelle finden muß. Sie folgt deshalb hier in der
Gestalt, welche sie von der ersten Erwähnung im „weißen Buche von Sarnen"
(um 1470) bis zu Aegidius Tschudis Helvetischer Chronik (Tschndi starb
1572) erlangt hat. Dem letzteren haben fast alle späteren Darsteller,
historische und poetische, ihren Stoff entnommen.
Die Bewohner der Waldstätte, heißt es, waren von Alters her frei
und unabhängig, doch hatten sie sich freiwillig dem Reiche untergeordnet,
damit der Kaiser sie schütze und bei ihnen die höchste Gerichtsbarkeit ausübe.
Als er jedoch in einem Streite der Schwyz er mit dem Kloster Einsiedeln
unrechtmäßig gegen jene entschied, sagten die Waldleute sich vom Reiche
los und stifteten einen Bund zu gemeinsamer Abwehr aller Unbill. Von
jetzt an wählten sie sich aus dem benachbarten Adel einen Schirmvogt, der